Wie vermeiden wir Ehekrisen?

Beitrag von Mag. Ingeborg Obereder

Der Folgende Beitrag ist ein Auszug aus einem Referat, gehalten im Rahmen der Familienakademie Salzburg im August 2001.
Es werden im Folgenden einige einfache Grundregeln für ein harmonisches Eheleben angeboten.

Wir akzeptieren, dass er/sie anders ist 

Wir nehmen uns Zeit füreinander, schenken uns ungeteilte Aufmerksamkeit   

Wertschätzung erfahren lassen

Wir sind zärtlich zueinander und lassen das romantische Feuer nicht verlöschen

Einer setzt sich für den andern ein und hilft ihm

Den Klischees den Kampf ansagen   

Zeit für erfüllte Sexualität finden   

Liebe ist eine bewusste Willensentscheidung   

Wenn aber einer nicht mittut?

1. Wir akzeptieren, dass er/sie anders ist 

Wir Wir sollen zu einer Gute Grundeinstellung finden: er/sie ist so anders, weil das gut für mich ist.  
Auch die Unterschiede von Mann und Frau sind wichtig, denn Gott hat sich bei seiner Schöpfung etwas gedacht.

Wenn wir wirklich eine gute Beziehung (wieder) herstellen wollen, dann müssen wir die Bedürfnisse des andern kennen lernen.

Wenn wir den andern lieben wollen, müssen wir wissen, was der andere sich wünscht.

Wir müssen in Erfahrung bringen, was unserem Partner wichtig ist.

2. Wir nehmen uns Zeit füreinander, schenken uns ungeteilte Aufmerksamkeit  

2.1. Wir pflegen das Zwiegespräch 

Oft beginnt ein Streit, weil man nicht zuhören kann.

Er hört gerade so lange hin, bis er glaubt, das Problem verstanden zu haben und dann formulierte er sofort seine Lösungen. 
Er hörte nicht so lange hin, bis er ihren Hilfeschrei um Trost und Verständnis heraushört.

Er wollte die Probleme lösen, sie wollte einfach Anteilnahme.

Sie wollte sich nur ausreden, er sollte nur zuhören.

Sie wollte, dass er an ihren Gedanken und Gefühlen teilhat.

Typisch männlich, typisch weiblich!

Wer das wirkliche Zwiegespräche erst lernen muss, sollte auf seine Gefühle und Empfindungen mehr achten.

Viele Menschen sind in Familien aufgewachsen, in denen das offenen Gespräch über Gedanken und Gefühle verpönt war. So haben sie gelernt, ihre Gefühle zu verleugnen.

Eine Möglichkeit, den Kontakt zu seiner Gefühlswelt langsam wiederherzustellen, besteht darin, täglich über drei Erlebnisse des Tages und die damit verbundenen Gefühle zu sprechen. Nach einigen Wochen wird das Zwiegespräch schon viel besser gelingen.

2.2. Wir tun Dinge miteinander

Wenn sie klagt: "Er redet nicht mit mir", so sagt er: "Sie tut nichts mehr mit mir."

Eine Ehe Mann sagte: "Die Liebe meiner Frau spüre ich am stärksten, wenn wir etwas gemeinsam unternehmen, was uns Spaß macht."

Es kommt darauf an, etwas gemeinsam zu erleben und das Gefühl zu haben, der Partner ist an mir interessiert. Er ist bereit, etwas mit mir gemeinsam zu unternehmen.

Sich Zeit nehmen für gemeinsame Entspannung und Freizeit.

Einfach Zeit in die Ehe investieren!

3. Wertschätzung erfahren lassen  

Wertschätzung zu erfahren, ist ein menschliches Grundbedürfnis.

In Ehen, wo es kriselt, ist oft ein geringes Niveau an gegenseitiger Wertschätzung vorhanden. Die mangelnde Wertschätzung muss in kriselnden Ehen wieder aufgebaut werden.  

Paulus: Der Mann soll seine Frau lieben – d.h. zur Entfaltung bringen (Eph 5,25/28) – die Frau soll den Mann ehren (Eph 5,33).

Warum gibt es diese unterschiedliche Formulierungen? Wohl darum, weil Paulus ein guter Psychologe war. 

Bei Konflikten ist der Mann eher laut, dominant, setzt sich ohne Rücksicht durch - Paulus verordnet ihm Liebe.

Die Frau verteilt Spitzen; sie macht lächerlich, sie neigt zur Verachtung. Paulus verlangt von ihr Ehrfurcht. 

Hilfen: "Wie war es in der Zeit des Kenner-Lernens?

Diese Haltungen sollen wir beibehalten und ausbauen!

Haltung des Respekts und der Bewunderung ausdrücken

Dank, Lob und Anerkennung aussprechen

kleine Komplimente machen

mit Überraschungen aufwarten

Pünktlich sein 

Freundlichkeit üben

sich entschuldigen, wenn etwas daneben gegangen ist

...

Nimm nichts als selbstverständlich hin!
Übe dich in ehrlicher Dankbarkeit! Das wird die Ehrfurcht wieder wachsen lassen. 
(Erinnern wir uns an die Trauung, bei der es heißt: Ihr sollt einander lieben und ehren....) 

4.    Wir sind zärtlich zueinander und lassen das romantische Feuer nicht verlöschen

Jesus war zärtlich
Johannes ruhte mit seinem Kopf an der Brust Jesu. Er rührte die Menschen an, nahm die Kinder auf seinen Arm, segnete sie und legte seine Hände auf sie.  

Kleine Zärtlichkeiten im Alltag 
erfordern nicht viel Zeit, sind aber ein großes Kapital für Glück in der Ehe. Durch Zärtlichkeiten spricht die Liebe 

eine freundliche Berührung, 

ein kurzer Kuss, 

ein liebevoller Blick, 

eine trostspendende Umarmung. 

Zärtlichkeit vermag oft mehr als die schönsten Worte.  

Die Menschen sind unterschiedlich
Manche brauchen mehr Nähe als andere. Daraus können sich Konflikte ergeben. Der eine fühlt sich nur dann geliebt, wenn er zärtlich berührt wird, umarmt, geküsst; dem anderen ist es gerade nicht unangenehm – und er kommt gar nicht auf die Idee, dies so im Alltag "von sich aus" zu tun.  

Hilfe: 
Entdecken Sie, wer mehr Nähe braucht und helfen Sie, diesem Bedürfnis des Partners
entgegenzukommen.  

Das "romantische Feuer" 
Eberhard Mühlan spricht vom "romatischen Feuer", das bei allen brennen sollte; egal, wie viel Nähe oder Distanz vorhanden ist. Jeder kann seiner Phantasie freien Lauf lassen, wie die Romantik nicht vergeht oder wieder hergestellt werden soll. 
Romantik drückt sich aus:

in der Art der Begrüßung, 

in Aufmerksamkeiten, 

Stimmungsrahmen durch Kerzen ..., 

Sofa, 

Gemütlichkeit, 

der schön gedeckten Tisch, 

eine schicke Aufmachung 

oder, oder...  

Bringen Sie Charme in den Alltag! 

Visuelle Eindrücke sind auf alle Fälle wichtig.
Ein Ehemann kommt vom Büro heim und wirft seiner Frau den Satz auf den Kopf: "Die Frauen im Büro sind immer so schick, toll frisiert..." Sie antwortet darauf: "Gut, dann machst du dir dein Frühstück alleine!" 
Wenn diese Frau deine Freundin wäre und sie erzählt dir diese Geschichte, wie würdest du reagieren?  

Romantische Liebe 
macht eheliche Treue leichter. Sie immunisiert gegen die unzähligen erotischen Verlockungen unserer Umwelt. Es ist daher wichtig, das romantische Feuer nie ausgehen zu lassen. Wie man bei einem Kamin immer wieder etwas nachlegen muss, so auch hier.
In einem Liedertext der "Kastelruther Spatzen" heißt es: "Deine Zärtlichkeit schützt auch vor blondem Haar."

5. Einer setzt sich für den andern ein und hilft ihm  

Jelena war ein halbes Jahr nach der Hochzeit geschieden, weil er nach der Arbeit "im Fauteuil saß und die Patschen anhatte". Sie musste die Hausarbeit allein tun.
Ob Jelena mit ihrem Mann einen Konflikt ausgetragen hat oder nicht, weiß ich nicht. Aber aus meiner Therapie kenne ich solche Fälle, wo Frauen alles hinunterschlucken. Die Frauen kränken oder ärgern sich, sind voll Wut – und sagen nichts.  

Hier gibt es eine einfache Hilfe: 
Sagen Sie den Grund für Ihre Enttäuschung oder Wut. Aber fordern Sie nicht! 

Kritik und Nörgeln führt zum Tod der Beziehung
Dadurch wird ein Keil zwischen zwei Menschen getrieben. Wer hartnäckig genug kritisiert, erreicht vielleicht schon etwas beim andern. Aber der andere tut das nur, weil der andere es will; Liebe wird jedoch nicht erfahrbar.

Positive Dinge in Erinnerung rufen
Schreiben sie sich alle Situationen auf, in den Ihnen der Partner Dinge das Gefühl vermittelt hat, geliebt zu sein. Diese Aufstellungen sind gut, weil sie helfen, konkrete Gedanken zu formulieren.
Eine Frau schrieb auf einen Zettel:

Ich wünsche mir, dass er auch manchmal das Baby wickelt.

Ich wünsche mir, dass er selbst das Auto wäscht hat und das nicht von mir erwartet.

Ich wünsche mir, dass er mir aufräumen hilft, wenn Gäste da waren.

6. Den Klischees den Kampf ansagen  

Eine Frau teilte ihrem Mann den Wunsch mit, auch einmal das Baby zu wickeln. Er tat es, konnte es aber nur, weil er auch bereit war, sich von seinen stereotypen Vorstellungen zu lösen. Zu ihnen gehörte eben: "Ein Mann wechselt keine Windeln".  

Auf Grund der gesellschaftlichen Veränderungen in den letzten Jahrzehnten gibt es keine allgemein anerkannten Rollenverhalten mehr. Das heißt aber nicht, dass alle Klischees überwunden wären. Das heißt auch nicht, dass es keine psychologischen Unterschiede zwischen Mann und Frau gibt.

Lange Zeit hat sich die Forschung darum bemüht, zu zeigen, dass Mann und Frau nicht nur gleichwertig, sondern auch gleichartig sind.
Erst in den 80-er Jahren sind Forschungsergebnisse über Unterschiede veröffentlicht worden.
Unterschiede gibt es sehr wohl, werden sie aber pauschal auf alle angewandt, wird daraus ein Stereotyp. Und Stereotypen sind sehr gefährlich, ja, tödlich!  

Einige Stereotypen von Männern:

Männer erleben ihre Selbstverwirklichung und Bestätigung in der Arbeit 
(auf Kosten der Familie)

Männer reden nicht gerne

Männer sind problem- und lösungsorientiert 
(nicht beziehungs- und kommunikationsorientiert)

Der Mann setzt sich bei den Kindern durch u.a.

Einige Stereotypen bei Frauen: 

Frauen stehen stundenlang vor dem Spiegel. 

Was für den Mann der Status bedeutet, ist für die Frau die Schönheit.

Frauen kann man es nie recht machen (Teil eines Machtkampfes)

Männer sind durch ihre Macht dominierend, Frauen durch Kritik u.a.

Frauen geben nach

Die Frau ist für den Haushalt zuständig

In der Ehe-Therapie geht es darum, antistereotyp zu arbeiten.

Z.B. Frauen setzen sich durch;

Männer lernen, sich zu artikulieren;

der Mann sieht im Erfolg der Frau keine Bedrohung....

Ein Weg in die Ehekrise 
wäre es, an seinen stereotypen Vorstellungen festzuhalten.
(Das hat so zu sein. Sie müsste das unbedingt so machen. Das kann ich auf keinen Fall....)

Ein Weg aus der Ehe-Krise 
ist es, seine Klischees in Frage zu stellen und den wahren Bedürfnissen seines Partners entgegenzukommen.  

7. Zeit für erfüllte Sexualität finden  

Unsere Umwelt und das lockere Denken in unserer Gesellschaft macht es Paaren nicht leicht, miteinander zufrieden zu sein; vor allem in sexueller Hinsicht.
Bei manchen entwickelt sich ein hohes Anspruchsniveau.

Wenn es nicht erfüllt wird, kommt es zu einer Frustration. Je größer die Frustration, um so größer sind die Anfechtungen. Die sexuelle Verführung zur Untreue ist heute sehr groß.

Die meisten Ehen vertragen einen Ehebruch nicht. Nur 20% bestehen weiter, und es dauert Jahre, bis er im Großen und Ganzen überwunden scheint.

Hilfe: Bewusstmachen des Treue-Versprechens

Unbedingt stärkste Disziplin gegenüber sexuellen Reizen üben.
Jesus sagt: "Ich aber sage euch: Wer eine Frau auch nur lüstern ansieht, hat in seinem Herzen schon Ehebruch mit ihr begangen." (Mat 5,28)
Hiob: "Einen Bund schloss ich mit meinen Augen, nie eine Jungfrau lüstern anzusehen." (Hiob 31,1)

Die Eheleute sollen auch in sexueller Hinsicht füreinander da sein!

Zeit haben füreinander;

Energie aufsparen,

Einfühlungsvermögen entwickeln.

Die Sexualität ist selten gestört, wenn die Kommunikation klappt. Gestörte Sexualität ist meist ein Symptom einer gestörten Beziehung. Aber es gibt Ausnahmen.  

8. Liebe ist eine bewusste Willensentscheidung  

Liebe darf mit Verlieb-Sein nicht verwechselt werden. Verlieb-Sein ist ein euphorisches Gefühl. Der andere hat einen verzaubert und man lebt in der Illusion, der/die Geliebte ist fehlerlos etc.

Doch Verliebtheit hält nur ca. 2 Jahre, dann werden die Verliebten in die reale Welt zurückkehren und merken, dass sie in vielem nicht übereinstimmen. Was tun? Ein elendes Leben in der Ehe führen, von Bord springen und sich scheiden lassen oder die Krise als neue Chance sehen. 

Diese Chance besteht darin, sich - vielleicht ohne Verliebtheit - zur Liebe zu entscheiden. Einen neuen Entschluss zur Treue und Liebe zu fassen. Eigentlich muss sich jeder täglich neu entscheiden, ob er seinen Ehepartner lieben will oder nicht.

Entscheidung zur Liebe heißt u.a.:
Achte auf deine Gedanken und dein Handeln! Denn beides ruft die entsprechenden Gefühle hervor. Gedanken an Scheidung überhaupt nicht zulassen! Denn damit beginnt eine Todesspirale. 

Entscheidung zur Liebe heißt auch:

sich Konflikten stellen und ihnen nicht ausweichen.

Wenn ihr ein Problem oder einen Konflikt nicht innerhalb einer Woche lösen könnt, dann ein Ehepaar seines Vertrauens aufsuchen und es besprechen.

Ins Gebet bringen!

Kraft aus dem Sakrament holen!

Sich bewusst machen, dass Jesus der Dritte im Bund ist und IHN einbinden.

Ps 18, 30: "Mit meinem Gott kann ich über Mauern springen". Mit Gott die "Mauern" bewältigen, die Enttäuschung, den Vertrauensbruch, die Unversöhnlichkeit, die Demütigung...
Wenn beide Ehepartner gläubig sind, muss es doch einen Weg geben. Aus einer Ehekrise herauszukommen! 

9. Wenn aber einer nicht mittut? 

Wenn ich alleine im Glauben stehe?
"Der ungläubige Teil wird durch den gläubigen geheiligt!" An dieser Verheißung festhalten. Sich um Heiligung bemühen und dadurch den Partner gewinnen (Paulus....?)

Sich in eine gute Gruppe integrieren.

Religiösen Freundeskreis zur Stütze aufbauen!

Mut schöpfen aus den vielen Heiligenbiographien, wo vor allem gläubige Frauen letztlich ihre Männer bekehrten. (Hl. Monika...)

Wenn aber alles Bemühen nichts fruchtet und der Mann drängt, den Glauben aufzugeben – dann Entscheidung für Gott! Und wenn es noch so schwer ist.

Beispiele der Heiligen zeigen das: Franziskus; Elisabeth, Johanna von Chantal etc.
Es gibt auch viele Beispiel aus unserer Zeit.