1. "Hauskirche" - ein Auftrag für das dritte
Jahrtausend
2. "Hauskirche" im
dritten Jahrtausend
3. Ziele der "Hauskirche"
4. Vision der "Hauskirche"
5. Referat von Bischof Klaus Küng am Symposion der
Hauskirche am Sonntagberg
Das Fest der Heiligen Familie, das Gedenken an die erste
"Hauskirche", wird immer am Sonntag nach Weihnachten gefeiert. Im
Jahr 2000 fiel dieses Fest auf den letzten Tag des Jahres und bildete somit die
Nahtstelle zweier christlicher Jahrtausende. Für Papst Johannes Paul II. war
dies kein Zufall, sondern ein "Zeichen der Vorsehung". So fand das
zweite Jahrtausend "im Zeichen der Familie seinen Abschluss" und
führte an der Hand der Heiligen Familie hinein in das dritte Jahrtausend!
Der Papst
erinnerte daran, dass Jesus die "Erfahrung der Familie durchleben"
wollte und sich deshalb in die "erste und grundlegende Keimzelle sozialen
Zusammenseins eingegliedert" hat. Durch diese Entäußerung verlieh Jesus
der "meistverbreiteten menschlichen Institution immerwährende
Gültigkeit" und machte die Familie von Nazareth zum Vorbild der Familie
und zum "Symbol jener 'Normalität' des Lebens, die das Dasein jeder
Familie kennzeichnet."
Der Papst
formulierte dann sozusagen das Familienprogramm für das dritte Jahrtausend.
Nach seinen Worten ist es dringend erforderlich "den Wert der Familie
wiederzuentdecken und ihr dabei zu helfen, so zu sein, wie Gott sie wollte: Ein
lebendiges Umfeld, in dem jedes Kind, das zur Welt kommt, von der Empfängnis an
mit Zärtlichkeit und Dankbarkeit angenommen wird; ein Ort, der sich durch ein
unbeschwertes Klima auszeichnet, das jedem seiner Mitglieder eine harmonische,
menschliche und spirituelle Entwicklung ermöglicht." Papst Johannes Paul
II. schloss seine Betrachtung über die Familie mit dem hoffnungsvollen Wunsch:
"Möge die Heilige Familie, die wir heute verehren, diese Gabe für jede
Familiengemeinschaft erwirken und ihr helfen, zu einer kleinen 'Hauskirche' zu
werden, zu einer Schule menschlicher und religiöser Tugenden."
In knapper
Form umschreibt der Heilige Vater das Wesen der "Hauskirche" und
nennt sie ganz einfach eine "Schule menschlicher und religiöser
Tugenden". Die "Hauskirche" zeichnet sich also nicht durch das
Verrichten gemeinsamer Gebete oder Rituale aus, es geht vielmehr um ein
ganzheitliches Streben nach Menschlichkeit und Heiligkeit, um eine christliche
Lebensweise durch Wort und Beispiel ( vgl. LG 11).
Im Apostolischen Schreiben Familiaris Consortio nennt der Papst die "Hauskirche" eine
"Schule reich entfalteter Humanität" (FC 21), die sich "durch
die sorgende Liebe zu den Kleinen, den Kranken und Alten, durch den täglichen
gegenseitigen Dienst, durch das Teilen der Güter, der Freuden und der
Leiden" (FC 21) auszeichnet.
Ist es nicht ermutigend, dass Gott selbst die christliche Familie als
"Hauskirche" zusammenführen (vgl. FC 38) und sie wie die Kirche
"zur Mutter und Lehrerin" (FC 38) machen will? Das "Zeichen der
Vorsehung" beim Millenniumswechsel gibt jeder "Hauskirche"
Hoffnung, Kraft und Mut auf ihrem Weg in das dritte christliche Jahrtausend.
Die Kirche ist fest davon überzeugt, dass die "Hauskirche" "mit
der beständigen Hilfe Gottes gelebt werden" (FC 59) kann und unter dem
sicheren Schutz Mariens, der "Mutter der 'Hauskirche'" (FC 86) steht!
Der Heilige
Vater hat beim 2. Welttreffen der Familien in Rio de Janeiro "feierlich
bestätigt", dass die Familien "die Hoffnung der Menschheit" und
damit eine Hoffnung für das dritte Jahrtausend sind!
Die
"Hauskirche" des dritten Jahrtausends ...
Die
Konzilsväter des II. Vatikanums haben den alten
Ausdruck "ecclesia domestica"
(LG 11) - "Hauskirche" aufgegriffen und die Gläubigen ermutigt, die
Familien im Sinne einer gelebten "Hauskirche" zu erneuern.
Im
"Katechismus der Katholischen Kirche" wird die Hauskirche in den
Nummern 1655-1628 ausdrücklich erwähnt.
"Hauskirche" = "ecclesia
domestica" (LG 11)
Dieses
prophetische Wort von Papst Johannes Paul II. scheint im krassen Widerspruch
zur Realität zu stehen. Die Ehescheidungen steigen an, die Bereitschaft der
jungen Menschen zur Heirat sinkt, die kirchliche Ehelehre
wird entweder abgelehnt oder völlig ignoriert. Gleichzeitig aber werden in einigen
Ländern gleichgeschlechtliche Verbindungen der Ehe von Mann und Frau rechtlich
gleichgestellt. In der Boulevardpresse liest man, dass die Ehe
"ausgedient" habe und selbst die Fortpflanzung durch die Gen-Technik
nicht mehr einer ehelichen Verbindung bedürfe.
Im
Apostolischen Schreiben "Familiaris Consortio" schrieb Papst Johannes Paul II. schon im
Jahr 1981 voll Sorge den aufrüttelnden Satz:
"Die
Zukunft der Menschheit geht über die Familie" (FC 86).
Und diese seine
Sorge bestand zurecht, denn seither ist der Verfall der Familie unaufhaltsam
fortgeschritten. Dennoch spricht der Papst heute von einem "neuen
Frühling". Wie ist das möglich?
Wenn der Papst mitten im Winter der Familie und Kirche für beide einen neuen
Frühling verkündet, dann gleicht er einem Landwirt, der seine Felder genau
kennt. Er weiß, dass die robustesten Getreidesorten im Herbst angebaut werden
und keimen, im Winter von Eis und Schnee bedeckt werden, im Frühling unter den
wärmenden Strahlen der Sonne wachsen und im Sommer zur vollen Frucht reifen.
Diesem Bild entspricht die Vision des Heiligen Vaters. Trotz des entstandenen
Winters für Familie, Kirche und Gesellschaft verkündet der Papst einen "neuen
Frühling" für die Kirche, den Gott mit Hilfe der Familien vorbereitet.
Es scheint,
dass die Saat für die erneuerten Familien schon als kleines Pflänzchen der
"Hauskirche" von den Konzilsvätern ausgesät wurde.
Der Heilige
Vater kennt diese Saat und er ist überzeugt, dass dieses zarte Pflänzchen den
Winter überstehen und mit Gottes Hilfe zu neuem Leben erwachen wird. Diese
unerschütterliche Hoffnung des Papstes, die Hoffnung auf die Fruchtbarkeit des
letzten Konzils und die Gnade Gottes ist für uns Ermutigung und Auftrag in
unseren Familien "Hauskirche" zu leben und "die Frohe Botschaft
von der Familie mit Freude und Überzeugung zu verkünden" (FC 86). Wenden
wir unseren Blick vom sichtbaren Winter hin zur keimenden Saat und zum nahenden
Frühling und beten wir mit dem Heiligen Vater: