Liebe Mitchristen!
Das Weihnachtsfest steht bereits unmittelbar bevor. Diesmal hat es etwas
Besonderes an sich. In der Heiligen Nacht wird der Papst mit einem silbernen
Hammer dreimal an das noch verschlossene Tor der Peterskirche schlagen und
dabei die Worte ausrufen: „Aperite mihi portas justitiae“ „Öffnet
mir die Tore der Gerechtigkeit“. Danach wird der Heilige Vater mit einer
brennenden Kerze in der einen Hand und einem Kreuz in der anderen als erster
die Heilige Pforte durchschreiten und anschließend den Umstehenden das
Evangelium zeigen. Diese symbolische Handlung erinnert an das Wort Jesu: „Ich
bin die Tür; wer durch mich hineingeht, wird gerettet werden; er wird ein und ausgehen
und Weide finden“ (Joh 10, 9). Mit dieser feierlichen Zeremonie beginnt das
große Jubiläum 2000, ein „Heiliges Jahr“, das 26., das die Kirche seit ihrem
Bestehen feiert.
In der Katholischen Kirche ist ein solches „Jubiläum“ ein besonderes religiöses
Ereignis: Es ist angesetzt als das Jahr des Sündenerlasses, ein Jahr der
Versöhnung zwischen Gegnern, ein Jahr der Bekehrung. Üblicherweise wird das
Jubiläum „Heiliges Jahr“ genannt, nicht nur weil es mit feierlichen
liturgischen Riten eröffnet, begangen und beendet wird, sondern auch, weil es
dazu bestimmt ist, die Heiligkeit des Lebens zu fördern. In der Tat - zum
ersten Mal 1300 von Papst Bonifaz VIII. ausgerufen -
wurde das „Heilige Jahr“ begründet, um den Glauben zu festigen, die Werke der
Solidarität und der brüderlichen Gemeinschaft in Kirche und Gesellschaft zu
fördern und um die Gläubigen zu einer aufrichtigeren und konsequenteren
Ausrichtung des Glaubens an Christus, den Erlöser, aufzurufen und anzuregen.
Freilich, wie vielen ist wirklich bewusst, warum die Kirche das Jahr 2000 in so
besonderer Weise begeht, warum sie mit dieser Feier schon zu Weihnachten
beginnt und nicht erst am 1. Jänner und warum sie das „Heilige Jahr“ nicht am
31. Dezember des Jahres 2000 beschließt, sondern am 6. Jänner 2001? Wie viele werden beim kommenden Jahreswechsel von der runden Zahl
fasziniert ein Mega-Event feiern, ohne zu bedenken, worauf die Zahl Bezug
nimmt? Werden auch wir Christen mit einem Feuerwerk zufrieden sein, mit einem
mehr oder weniger beeindruckenden Spektakel, das zwar laut, aber bald vorbei
ist, nur eine kurze Abwechslung vom Alltagsleben? Die Zeitenwende soll eine
Lebens-Hinwendung zu Christus, zur Frohbotschaft erbringen. So ist die
Intention der Kirche.
Die Feier der „Jubiläen“ ist in der Hl. Schrift begründet. Im Buch Levitikus
aus dem Alten Testament heißt es in Bezug auf das Jubeljahr: „Erklärt dieses
50. Jahr für heilig, und ruft Freiheit für alle Bewohner des Landes aus! Es
gelte euch als Jubeljahr. Jeder von euch soll zu seinem Grundbesitz
zurückkehren, jeder soll zu seiner Sippe heimkehren. Dieses 50. Jahr gelte euch
als Jubeljahr. Ihr sollt nicht säen, den Nachwuchs nicht abernten, die unbeschnittenen Weinstöcke nicht lesen. Denn es ist ein
Jubeljahr, es soll euch als heilig gelten. Vom Feld weg sollt ihr den Ertrag
essen. In diesem Jubeljahr soll jeder von euch zu seinem Besitz zurückkehren“
(Lev 25, 10-13).
Die Feierlichkeiten wurden vom Klang des Widderhorns angekündigt, das im Hebräischen „Jobél“ heißt.
Daher kommt das Wort „Jubiläum“. Die Feier des Jobéljahres
war unter anderem verbunden mit der Rückgabe der Ländereien an die alten
Besitzer, dem Erlass der Schulden, der Freilassung der Sklaven und der
Nichtbestellung der Felder.
Im Neuen Testament tritt Jesus als der auf, der das alttestamentliche Jobéljahr erfüllt und der gekommen war, „das Gnadenjahr des
Herrn auszurufen“ (vgl. Lk 4, 19).
Das Jubiläum bringt also zum Ausdruck, dass sich die christliche Gemeinschaft
über die in der Menschwerdung des Gottessohnes begründete und durch die
Erlösung bewirkte Rettung all jener freut, die an Christus glauben.
Nach dem Vorbild des Jubeljahres im Alten Bund soll in einem Heiligen Jahr
die gestörte öffentliche und innere Ordung des
Menschen wieder hergestellt werden. Daher ist die Bereitschaft zur Umkehr, zum
Umdenken, wo immer dies angebracht ist, ein wesentlicher Aspekt der Feier eines
Heiligen Jahres. Für uns Christen steht dabei das
Gedächtnis der Geburt Christi und das Geheimnis der Erlösung im Mittelpunkt.
Die Geburt Christi ist nicht nur der Bezugspunkt unserer Zeitrechnung, sondern
die Grundlage unseres ganzen Lebens. In dieser Perspektive bedeutet das Heilige
Jahr eine eindringliche Einladung, sich Christus zuzuwenden, dem
Menschgewordenen Gottessohn, der uns die frohe Botschaft und die Erlösung
gebracht hat und durch die Kirche auch heute unter uns ist.
In unserem Alltagsleben neigen wir dazu, auf Gott, den Schöpfer, und auf
Christus, den Erlöser, zu vergessen. Anderes ist Zentrum unseres Lebens. Wir
bauen zu sehr auf unsere eigenen Kräfte. Das Heilige Jahr muss also ein Aufruf
zu Besinnung auf das Wort Gottes und das Leben Jesu sein. Der Glaube an ihn,
der uns erlöst hat, erfüllt uns zugleich mit Hoffnung.
Das Heilige Jahr lädt in besonderer Weise zum Empfang des Sakramentes der
Versöhnung ein.
Die Sündenvergebung ist ein zentrales Element des Jubiläumsereignisses.
Insbesondere im Sakrament der Versöhnung erfahren wir von Gott her den Erlass
der Schuld, was freilich unsererseits die Bereitschaft zur Versöhnung, die
Bereitschaft, ebenfalls Schuld zu erlassen und wenn nötig verursachten Schaden
wieder gut zu machen, voraussetzt. Von Gott gewährte Vergebung setzt unsere
Einkehr, Besinnung, Einsicht und Reue sowie den Vorsatz zur Aufarbeitung von
Fehlverhalten voraus. Oft ist sie der Abschluss eines längeren inneren Vorgangs
und geht mit einer besonderen Erfahrung der Güte Gottes einher: im Augenblick
der sakramentalen Lossprechung greift Gott direkt und unmittelbar in unser
Leben ein und entfernt die Schuld, die unsere Seele belastet. Die gestörte
Ordnung wird dadurch an der Wurzel geheilt. Kaum etwas anderes vermag die
Freude über die Menschwerdung des Gottessohnes und die durch ihn bewirkte
Erlösung so zu wecken wie die von Gott im Bußsakrament empfangene Vergebung.
Der hl. Paulus brachte es in seinem Loblied auf Christus im Kolosserbrief zum
Ausdruck: „Dankt dem Vater mit Freude! Er hat euch fähig gemacht, Anteil zu
haben am Los der Heiligen, die im Licht sind. Er hat uns der Macht der
Finsternis entrissen und aufgenommen in das Reich seines geliebten Sohnes.
Durch ihn haben wir die Erlösung, die Vergebung der Sünden. ... denn Gott
wollte mit seiner ganzen Fülle in ihm wohnen, um durch ihn alles zu versöhnen.
Alles im Himmel und auf Erden wollte er zu Christus führen, der Friede
gestiftet hat am Kreuz durch sein Blut“ (Kol 1, 12-14; 19-20).
Es wäre von größter Bedeutung, dass in diesem Heiligen Jahr wir alle und viele
Menschen mit uns den inneren Weg zur Versöhnung mit Gott, mit sich selbst und
den anderen finden. Wir sollten dieses Sakrament der Barmherzigkeit Gottes
lieben lernen. Es ermutigt, erneuert und bestärkt, schenkt Frieden und Freude.
Die Feier der Eucharistie gehört zu den wesentlichen Vollzügen des Heiligen
Jahres und des Glaubens überhaupt. Die Versöhnung mit Gott und mit der Kirche
befähigt zur fruchtbaren Teilnahme an der Eucharistie, zur vollen „Communio“ mit Christus und allen, die an ihn glauben. Die
Feier der Eucharistie ist zugleich der beste und tiefste Ausdruck unserer
Dankbarkeit gegenüber Gott für seinen Sohn und alle Hilfen, die wir von ihm
empfangen. Gerade diese Dankbarkeit bewirkt einen erneuerten Willen, verbunden
mit Christus, unserer Berufung zu entsprechen.
Im Ablauf des großen Jubiläums 2000 wird der Eucharistische Kongress in Rom
einen der Höhepunkte darstellen. Es soll uns bewusst gemacht werden, dass der
gleiche Christus, der, vor 2000 Jahren geboren aus der Jungfrau Maria zur Welt
gekommen, auch heute unter uns ist, für jeden von uns „greifbar“. Wir sind
gerade auch aus Anlass des Jahres 2000 - 2000 Jahre nach seiner Geburt - dazu
angehalten, dankbar unseren Glauben an seine geheimnisvolle Gegenwart in der
Eucharistie zu erwecken. Die Pflege der eucharistischen Anbetung kann ein guter
und wirksamer Weg sein, das große Jubiläum bewusst und fruchtbar zu begehen.
Das gläubige, anbetende Hinschauen auf den sakramental gegenwärtigen Herrn
macht uns Mut - wir erkennen, dass wir nicht allein sind -, weckt unsere
Bereitschaft, ihm nachzufolgen und bestärkt uns in unseren Entschlüssen.
Der „JubiläumsAblass“ bedeutet eine Ergänzung des
Geschehens in der Beichte.
Jeder von uns weiß, dass der Entschluss, sein Leben (z.B. im Umgang mit
Alkohol, mit einem unsympathischen Nachbarn) zu ändern, im konkreten Alltag
erst durchgekämpft sein will. Das ist allgemeine Erfahrung.
Die Kirche ist von alters her davon überzeugt gewesen, dass die von Gott im
Sakrament gewährte Vergebung eine Änderung in unserer Lebenspraxis notwendig
macht. Mit dem aufrichtigen Bekenntnis der Sünden allein ist es noch nicht
getan. Den Weg zur inneren Umkehr zu finden ist unumgänglich. Eine ehrliche
Beichte erleichtert und „reinigt“, wenn wir das Verkehrte eines Verhaltens eingesehen
haben und die Absicht zur Lebensveränderung vorhanden ist. Durch die von Gott
gewährte Vergebung kehrt dann Friede in unser Herz ein. Neue Zuversicht wird
uns geschenkt, was für einen neuen Anlauf grundlegend ist. Die erreichte
Versöhnung mit Gott, die Versöhnung mit den anderen, bedeutet aber noch nicht,
dass wir damit von allen Folgen der Sünden befreit sind: Unsere Schwächen, die
ungeordneten Neigungen und Gewohnheiten, die Anlass zum Fehler waren, sind auch
nach der empfangenen Vergebung nicht verschwunden. Durch unsere Untugenden
können sich Fesseln bilden, Abhängigkeiten. Durch die Vergebung sind wir zwar
mit Gott im Frieden, unsere Abhängigkeit werden wir aber bald wieder spüren.
Eigenliebe, Stolz, Bequemlichkeit und andere Folgen unserer „sündenfreundlichen“
Verfasstheit wie auch der persönlichen Sünden können nur in einem ausdauernden
Prozess und mit der Hilfe Gottes abgebaut werden. Manches wird durch die
Prüfungen des Lebens, oft auch durch Leiden zur größeren Reifung geführt. Es
kann aber durchaus sein, dass wir selbst am Lebensende noch immer nicht die
Läuterung erfahren haben, die für eine endgültige Vereinigung mit Gott
Voraussetzung ist. Es wird dann durch das „Purgatorium“ - das „reinigende
Feuer“ geschehen müssen.
Das „Gewinnen eines Ablasses“ unterstützt diesen Vorgang der Reinigung, der
Befreiung von Folgen der Sünde durch das Gebet der Kirche und beschleunigt ihn.
Wenn die Kirche einen Ablass gewährt, so verwendet sie sich fürbittend
für den, der darum bittet. Er möge von den Folgen der Sünde ganz geheilt
werden. So will sie den Glauben an den guten Willen im Menschen fördern.
Um zu verstehen, was ein solcher Ablass bedeutet und was die Kirche „tut“, wenn
sie kraft ihrer Autorität als Heilswerkzeug Christi, gebunden an bestimmte Bedingungen,
Ablässe gewährt, ist es notwendig, sich unter anderem vor Augen zu halten:
- Christus ist der einzige wahre Mittler „Versöhner“, Friedensstifter zwischen
Gott und Mensch; er ist durch seine Hingabe am Kreuz ein für allemal in das Heiligtum eingetreten (vgl. Hebr. 9,12) und,
was er getan hat, ist für die Erlösung aller Menschen ausreichend (vgl. Hebr.
9, 27-28).
- mit Christus verbunden, haben viele Menschen ihr Leben ebenfalls hingegeben
und unter Opfern Gott und den Menschen gedient. In diesem Sinn schreibt der hl.
Paulus an die Kolosser: „Für den Leib Christi, die Kirche, ergänze ich in
meinem irdischen Leben das, was an den Leiden Christi noch fehlt“ (Kol 1, 24).
- die Kirche vergegenwärtigt durch die Verkündigung und durch die Verwaltung
der Geheimnisse das Werk der Erlösung Christi. Sie kann auch den
„Gnadenschatz“, den er und die Heiligen durch das „Übermaß“ an Liebe erworben
haben, den Gläubigen, die darum bitten, zuwenden.
- einen Ablass „gewinnen“ - für sich selbst oder für Verstorbene - heißt, in
die geistliche Gemeinschaft der Kirche (der Heiligen) eintreten und sich ganz
der Fürbitte der Heiligen öffnen. Auch im geistlichen Bereich lebt keiner für
sich allein.
Der Jubiläumsablass ist ein Geschenk der Kirche, das wir uns nicht entgehen lassen
sollten. Wie ein solcher Ablass gewonnen werden kann, welche Bedingungen dafür
zu erfüllen sind, sollte jeder Christ wissen: Im Anhang dieses Rundbriefes wird
alles Wesentliche bezüglich Ablass kurz zusammengefasst.
Ein weiteres Merkmal des Heiligen Jahres war von Anfang an die Wallfahrt zu
den Apostelgräbern in Rom und zu den heiligen Stätten im Heiligen Land.
Wallfahrten waren immer schon wichtige Bestandteile religiösen Lebens. Bereits
im Alten Bund bestand beim Israelitischen Volk - wie die Hl. Schrift bezeugt -
der Brauch, regelmäßig die heiligen Stätten aufzusuchen. Man pilgerte in die
Stadt, in der die Bundeslade aufbewahrt wurde oder suchte entweder das
Heiligtum in Bet-El (vgl. Ri
22, 26 f) oder jenes in Schilo auf, wo das Gebet
Hannas, der Mutter Samuels, erhört worden war (vgl. 1 Sam, 1, 3). Auch Jesus
zog mit Maria und Josef hinauf in die heilige Stadt
Jerusalem (vgl. Lk 2, 41). Wallfahrten sind Sinnbild unseres Lebens: Wir alle
sollen und wollen bei Gott ankommen!
Die Wallfahrten haben im Laufe der Zeit unterschiedliche Formen angenommen.
Immer waren sie Ausdruck des Glaubens an Christus und die Kirche, oft verbunden
mit dem Verlangen nach Erkenntnis des eigenen Lebensweges, mit dem Wunsch nach
Umkehr und Heilung, oft war die große Bitte für ein bestimmtes Anliegen der
Anlass oder einfach die Sehnsucht nach innerem Frieden und Bestärkung. Alle
bisher für das Heilige Jahr beschriebenen Merkmale gehören zu jeder echten
Wallfahrt, werden durch diese vorbereitet, gefördert und ermöglicht.
In unserer Zeit scheinen Wallfahrten neuerlich eine besondere Anziehungskraft,
Bedeutung zu haben. Nicht wenige Menschen finden insbesondere in längeren
Fußwallfahrten mit gemeinsamem Gebet, aber auch persönlichem Innehalten,
Gelegenheit zu Gespräch und Gedankenaustausch, eine Quelle für Besinnung und
Neuanfang. Für viele sind regelmäßige Wallfahrten zu Oasen des geistlichen
Lebens geworden, die für sie sehr wichtig sind.
In den Diözesen - so auch in der Diözese Feldkirch - wurden für das Heilige
Jahr Kirchen bestimmt, in denen der „Jubiläums Ablass“ gewonnen werden kann.
Dadurch werden die heiligen Stätten Roms gewissermaßen in unsere unmittelbare
Nähe gerückt und die Wallfahrtspraxis erleichtert.
Es wäre sehr wünschenswert, dass im Heiligen Jahr nach Rom und in das Heilige
Land, aber auch in den Diözesen eine richtige Wallfahrtsbewegung entstände. Sie
wird zur Erneuerung der Christenheit beitragen.
Das große Jubiläum 2000 sollte bei jedem einzelnen von uns einen
Qualitätssprung des eigenen Christseins mit sich bringen. Seien wir nicht in
falscher Weise zufrieden mit dem, was wir bisher in der Nachfolge Christi tun!
Das Heilige Jahr kann für uns zu einem echten Gnadenjahr werden, ein Anlass zu
Neubesinnung und zur Suche nach Hilfe bei Jesus. Er nennt sich die Tür zur
Rettung
Denken wir auch an unsere Verantwortung. Es ist und bleibt ein Geheimnis, warum
noch immer viele Menschen Christus nicht kennen, manche sich von ihm abwenden,
andere auf ihn nur wenig hören. Unternehmen wir Wallfahrten, laden wir auch
andere dazu ein, beten wir füreinander und lassen wir nicht davon ab zu hoffen,
dass die Rettung allen zuteil wird. Die Kirche betet
im Advent: „Komm, Herr, und säume nicht!“ Möge uns diese Bitte im ganzen
Heiligen Jahr führen und begleiten.
Ein gnadenreiches Weihnachtsfest und Gottes Segen für das Jubiläumsjahr wünscht
Das Heilige Jahr ist seinem Wesen nach eine Zeit des Aufrufes zur Umkehr von
den Sünden. Das erste Wort der Verkündigung Jesu heißt: „Kehrt um, und glaubt
an das Evangelium!“ Der Geist ist es, der jeden dazu drängt, in sich zu gehen
und zu erkennen, dass er zum Haus des Vaters zurückkehren muss.
Im Bußsakrament bietet uns Gott die Vergebung der Sünden an und gibt uns eine
neue Möglichkeit, die Gnade der Heiligkeit wieder zu erlangen, die uns Christus
durch sein Opfer am Kreuz erwirkt hat. So werden wir wieder in das Leben Gottes
und in die volle Teilnahme am Leben der Kirche zurückgeführt.
Die Versöhnung mit Gott durch das Bußsakrament schließt aber nicht aus, dass
gewisse Folgen der Sünde („zeitliche Strafen“) zurückbleiben, von denen wir
durch Buße geläutert werden müssen. Die Buße zeigt sich in einer tatsächlichen
Lebensänderung und einem zunehmenden inneren Abbau des Bösen. Hier gewinnt der
Ablass seine Bedeutung.
Der Ablass ist nämlich ein Erlass zeitlicher Strafen vor Gott für Sünden, die
hinsichtlich ihrer Schuld schon getilgt sind. Er ist aber nicht ein leichterer
Weg, um der sonst notwendigen Buße zu entgehen. Er ist vielmehr für den
Gläubigen, der sich seiner eigenen Schwäche demütig bewusst ist, eine
kraftvolle Stütze des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe, die er in der
heiligen Kirche findet. Er ist für ihn ein Geschenk der barmherzigen Liebe
Gottes aus dem reichen Schatz der Verdienste Jesu Christi und all seiner
Heiligen. Denn als geheimnisvoller Leib Christi wirkt die Kirche durch Liebe,
Beispiel und Gebet an unserer Umkehr, inneren Heilung und Heiligung mit.
Die heilige Kirche kann kraft ihrer Binde- und Lösegewalt dieses Geschenk den
Gläubigen und den Armen Seelen, die im Zustand der Läuterung sind, zuwenden.
Wer mit gläubiger Gesinnung und liebendem Herzen die Bedingungen, die die
Kirche vorgibt, erfüllt, kann dieses Gnadengeschenk für sich, oder fürbittweise für die Verstorbenen gewinnen.
Während des Heiligen Jahres, in der Zeit vom 24.12.1999 (Öffnung der Heiligen
Pforte im Petersdom) bis 6.1.2001 (Schließung der Heiligen Pforte) kann täglich
ein vollkommener JubiläumsAblass unter den von der
Kirche verfügten Bedingungen gewonnen werden.
In Rom die vier Hauptbasiliken: St. Peter, St. Paul, Lateran und Santa Maria
Maggiore und andere Jubiläumskirchen, die Basiliken Santa Croce in Gerusalemme und San Lorenzo al Verano,
das Heiligtum Madonna del Divino Amore,
die christlichen Katakomben.
Im Heiligen Land: Die Grabeskirche in Jerusalem, die Geburtskirche in Bethlehem
und die Verkündigungsbasilika in Nazareth.
In den diözesanen Jubiläumskirchen, die vom Bischof bestimmt wurden (siehe
nächste Seite).
An jedem Ort: „Wenn man für eine angemessene Zeit Brüder und Schwestern, die
sich in Not oder Schwierigkeiten befinden (Kranke, Gefangene, einsame alte
Menschen, Behinderte, usw.), besucht und dabei gleichsam zu Christus pilgert,
der in diesen Menschen gegenwärtig ist.“
Weitere Möglichkeiten: (Einschließlich der Bedingungen 1-3.)
„Den vollkommenen JubiläumsAblass kann man auch durch
Unternehmungen erlangen, welche die Bußgesinnung, die gleichsam die Seele des
Jubiläums ist, konkret und hochherzig in die Tat umsetzen. Sie bestehen unter
anderem darin, dass die Gläubigen sich wenigstens einen Tag lang überflüssigen
Konsums enthalten und eine angemessene Geldsumme den Armen zuwenden; dass sie
mit einem ansehnlichen Beitrag Werke religiösen oder sozialen Charakters
unterstützen, dass sie einen angemessenen Teil ihrer Freizeit Tätigkeiten
widmen, die der Gemeinschaft zugute kommen, oder dass
sie andere ähnliche Formen persönlichen Opfers auf sich nehmen.“
Fehlt die volle Disposition oder bleibt eine Bedingung unerfüllt, so kann man
einen TeilAblass gewinnen.