Eröffnungsansprache
des 7. Symposions der Initiative Hauskirche

Familienbischof DDr. Klaus Küng

Sehr geehrte Damen und Herren!

Wichtige Themen stehen auf dem Programm. Manche von ihnen klingen harmlos, in Wirklichkeit betreffen sie jedoch große Herausforderungen, denen sich die Kirche stellen muss, wenn sie ihrem Sendungsauftrag heute und morgen entsprechen will. Der erste Vortrag trägt den Titel: „Hauskirche – Ruf nach Theologie der Familie“. Das klingt nach Übertreibung, wohl deshalb, weil von vielen noch immer der Ausdruck „Hauskirche“ mit der Vorstellung von hausbackenen Bräuchen, süßlicher Musik und ein paar frommen Gebete assoziiert wird und nicht wirklich bewusst ist, was eigentlich und vor allem damit gemeint ist:

Die Familie in den heutigen Verhältnissen so zu gestalten,
dass sie den Namen „christliche Familie“ verdient,
ist ein „Unternehmen“ mit hohem Anspruch.

Es setzt das Verständnis der Ehe als „Mysterium Magnum“, „als großes Geheimnis“ und zwar im Hinblick auf die Kirche und ihre Gemeinschaft mit Christus voraus, wie Paulus im Epheserbrief (vgl. 5, 31) darstellt. Die Familie aus dem Glauben heraus gestalten ist nur möglich, wenn in den Eheleuten eine wahre innere Lebendigkeit gegeben ist. Das bedeutet Gespräch miteinander und mit den Kindern, aber auch Gespräch mit Gott. Gemeinsames Überlegen, Planen, Aufteilen von Aufgaben, Kreativität sind nötig, damit in der Familie alle eine Freude haben, aber auch der je eigenen Verantwortung mit Rücksicht aufeinander und Liebe entsprechen. Wie kaum in einem anderen Bereich sind sowohl die positiven als auch die negativen Auswirkungen des Familienlebens auf das Wohlbefinden der einzelnen Mitglieder der Familie, auf die Entwicklungen ihrer Persönlichkeit, ihrer Gesundheit, ihrer Veranlagungen für die einzelnen Personen selbst, für Kirche und Gesellschaft von nachhaltigster Bedeutung. Nicht von ungefähr kommt die häufig wiederholte Aussage Papst Johannes Pauls II., dass die Zukunft der Kirche über die Familie geht – Ähnliches gilt auch für die Gesellschaft. - Das Bewusstsein, dass wegen der großen Bedeutung der Familie und ihrer Aufgaben eine angemessenere Verkündigung und geistliche Begleitung sowie verschiedene Hilfestellungen durch geeignete Bücher, Veranstaltungen, Ausbildungen notwendig sind, muss auch innerhalb der Kirche erst richtig geweckt und gefördert werden. Wir stehen da – das ist mein Eindruck – noch immer weitgehend am Anfang.

Ähnliches gilt für das Thema, das Bischof Mixa behandeln wird „Glaubensweitergabe und Neuevangelisierung“. Auch in diesem Zusammenhang neigt man dazu zu denken, es gehe darum, ein paar christliche Gewohnheiten in der Familie zu pflegen oder – was in der Praxis schon nicht so einfach ist – mit den Kindern ein wenig über den Glauben zu reden. Beides – christliche Gewohnheiten in der Familie und über den Glauben reden – ist sehr wichtig. Es muss aber bewusst sein, dass wir vor einer der gerade derzeit in vielen Ländern der christlichen Welt sehr schwierigen, oft sehr schmerzhaften Problematik stehen: nicht selten müssen auch Eltern, die es immer als großes Anliegen angesehen haben, den Kindern ihren Glauben, das, was ihnen selbst kostbar ist, weiterzugeben, erleben, dass die Kinder ab einem gewissen Zeitpunkt z.B. am Sonntag einfach nicht mehr mitgehen und in manchen Fragen nicht auf dem christlichen Weg bleiben, nicht selten, trotz Proteste der Eltern. Es besteht in unseren Ländern – sicher auf Grund vieler Faktoren – eine echte Gefährdung der Glaubensweitergabe. Das hängt mit der gesellschaftlichen Entwicklung, insbesondere mit den Schulen zusammen, dem Einfluss einer weitgehend hedonistisch, materialistisch geprägten, säkularisierten Gesellschaft und deren Medienwelt. Eine wichtige Rolle spielt auch die Gruppendynamik, mit der wir erst recht umgehen lernen müssen, ich meine damit nicht so sehr die Methode, die in Psychologie und Pädagogik angewandt wird, sondern der Einfluss der Gruppe, der großen Mehrheit. (es braucht Mut, z.B. bei Jahrgangsauflug die hl. Messe zu besuchen, oder bei bestimmten Veranstaltungen zu sagen, das gefällt mir nicht). Ich bin aber in Bezug auf die Kirche, die Familie zuversichtlich. Sie hat noch immer, durch alle Krisen hindurch, den Weg zur Erneuerung gefunden.

Christoph Gaspari wird über das Thema „Sexualität erfüllt leben“ sprechen, außerdem war ein Vortrag von Weihbischof Andreas mit dem Titel „Einheit in der Liebe“ vorgesehen. Letzterer wird von Professor Breuer übernommen. Die beiden Titel geben den zu behandelnden Inhalten von vorneherein eine positive Zielsetzung, was sehr wichtig ist. Es kann freilich nicht übersehen werden, dass im Zusammenhang mit der Einstellung zu Sexualität und der derzeitigen Situation in Kirche und Gesellschaft, Neubesinnung, oft auch wirklich Umkehr, dringend angesagt sind. Die Schäden falscher Einstellungen, nicht selten falscher Orientierungen sind derart groß, dass wir nicht schweigen dürfen; Wir müssen uns dringend überlegen, was wir tun können, um positive Entwicklungen, auch Heilungsvorgänge auszulösen und zu fördern. Für Jung und Alt ist das wichtig.

die Auswirkungen der viel zu geringen Kinderzahl in Europa
seien viel schlimmer als jene des 30-jährigen Krieges

Den Vortrag der Frau Professor Gerl-Falkovitz „Kinder – ein Geschenk“ erwarten wir mit Spannung. Es handelt sich um einen hochbrisanten Themenkreis. Ein bekannter Forscher in Fragen Bevölkerungsentwicklung hat letzthin in einem Interview gesagt, die Auswirkungen der viel zu geringen Kinderzahl in Europa seien viel schlimmer als jene des 30-jährigen Krieges, der ganz Europa verwüstet und sehr viel Leid bewirkt hat. Als damals dann doch endlich Friede in Europa einkehrte, konnte sofort mit der Aufbauarbeit begonnen werden. Das Defizit an Geburten heute lässt, sich dagegen nicht einfach beheben. Es ist auf jeden Fall ein langer Zeitraum nötig, bis eine echte Trendwende eintreten kann; die geeigneten Maßnahmen müssen erste entdeckt bzw. akzeptiert werden. Und die Auswirkungen der künstlichen Befruchtungen, das selektive Eingreifen des Arztes bei pränataler Diagnostik, PID lassen sich noch gar nicht abschätzen.

Ich freue mich, dass bei diesem Symposion auch der Arbeitskreis „Geschieden und wiederverheiratet in der Kirche“ und eine Abordnung der „Magnificat-Gebetstreffen“ vertreten ist. Es wird zwar kein Vortrag diesem wichtigen Thema gewidmet sein, aber es wird einen Workshop über diesen Bereich geben. Das Thema ist nicht nur brisant, sondern für die Kirche heute und morgen von großer Bedeutung. Ich freue mich, dass Sie da sind.

Es gibt einen roten Faden, der sich in all den unterschiedlichen Bereichen, die im Symposion diesmal besprochen werden, wieder finden wird, es ist die Schlüsselfrage. Sie hat für unser aller Leben eine zentrale Bedeutung. Nur wer sie entdeckt, beginnt manches, vieles, alles zu verstehen. „DEUS CARITAS EST“, „Gott ist die Liebe“, das ist nicht bloß der Titel der ersten Enzyklika des jetzigen Papstes, wir sind alle als Gottes Abbild erschaffen. Liebe, Hingabe ist die Grundbestimmung unseres Lebens, das Ziel, auf das es ankommt; Schlüssel für das Verständnis der zu behandelnden Fragen.

Minderheitenprogramme besitzen eine hohe Sprengkraft

Ein Journalist hat mir im Vorfeld des Symposions in Bezug auf die Initiative Hauskirche die Frage gestellt, ob das nicht doch nur ein Minderheitenprogramm darstelle, das wir da vertreten. Ich gab ihm zur Antwort, dass manche Minderheitenprogramme eine große Sprengkraft besitzen und ich bin überzeugt, dass dies zutrifft.

Am Beginn des Symposions scheint es mir auch wichtig, sich bewusst zu machen, dass das, was hier geredet und überlegt wird, nicht nur als Programm, als Hilfestellung für andere, für die Kirche irgendwo oder für solche, die das eben brauchen, gedacht ist. In uns selbst muss die Flamme seiner Liebe stärker werden. Ich denke da oft an das, was der hl. Josefmaria Escrivá, der Gründer des Opus Dei manchmal den Seinen gesagt hat, als das Opus Dei noch sehr klein war. Er sagte zu ihnen: „Wollt ihr mehr werden? – Dann müsst ihr besser werden.“ Manchmal erinnerte er auch an das Wort aus der Heiligen Schrift „discite bene facere“ und zog daraus den Schluss: „Wir müssen lernen Gutes zu tun“.

In diesem Sinn soll das Symposion uns Impulse, Anregungen und Gelegenheit zum Gedankenaustausch vermitteln und ich hoffe, dass es uns helfen wird, um uns für die christliche Familie ein zu setzten und so erkläre ich hiermit das Symposion „Christliche Familien – die Nr. 1 der Zukunft“ für eröffnet.