Wir wollen unser Thema „Hauskreise und ihre Chancen“ mit einem persönlichen Zeugnis beginnen.
Wir kommen beide aus einer „bürgerlichen Familie“ – ohne besondere religiöse Erziehung. Ich habe während der Pubertät eine Zeitlang überhaupt keine Kirche von Innen gesehen. Als wir mit 25 Jahren heirateten, war unser Glaube, den jeder für sich alleine angenommen hatte, schon sehr gefestigt.
Intuitiv wussten wir aber, dass man im Glauben nicht alleine bestehen kann. Damals war gerade die Actio 365 aktuell und so fanden wir beide schon vor unserer Ehe – auch unabhängig voneinander – zu dieser Erneuerungsbewegung rund um Pater Leppich. Auch der Cursillo fasste in dieser Zeit in Österreich Fuß. Ich besuchte knapp vor unserer Hochzeit den 25. Männercursillo in Wien, kurz darauf besuchte auch Ingeborg diesen Kurs.
Der Cursillo war für unser religiöses Leben aus mehreren Gründen sehr wichtig. Er half uns, unseren Glauben zu vertiefen, er führte uns noch weiter hin zum Apostolat und – jetzt sind wir bei unserem Thema – er animierte uns dazu, eine Gruppe zu bilden.
Es gab den Slogan: „Der Cursillo ist für die Gruppe da!“ Wenn Christen also diesen kleinen Kurs machen, dann sollen sie nach dem Kurs nicht alleine „im religiösen Regen“ stehen bleiben. So schlossen wir uns mit einem befreundeten Ehepaar zusammen und trafen uns regelmäßig wöchentlich zur so genannten „Gruppe“ – es war nichts anderes als ein Hauskreis. Zunächst waren wir nur zwei Ehepaare, in späteren Jahren trafen sich in der Zeit unserer „Gruppe“ unsere Kinder zu ihrer „Gruppe“. Diese regelmäßigen Treffen sollten fast 25 Jahre dauern.
Nach fast einem viertel Jahrhundert dieser regelmäßigen Treffen in der Kleingruppe hat sich daraus eine kleine Familiengemeinschaft mit vier Ehepaaren gebildet, die sich bis heute monatlich trifft.
Was hat diese Gruppe, diese Familiengemeinschaft gebracht?
Die Gruppe half uns …
Wir haben also lange bevor uns Bischof Küng zur „Initiative Hauskirche“ eingeladen hat intensive und positive persönliche Erfahrung mit dem Hauskreis gesammelt.
Unsere positiven Erfahrungen sind nicht überholt – im Gegenteil – heute ist der Zusammenschluss von Familien noch notwendiger als vor 40 Jahren und die Chance für Hauskreise ist sehr gut.
Man muss keine demoskopische Umfrage starten um festzustellen: Um die Familie ist es nicht gut bestellt.
• Rückgang der Eheschließungen,
• Zunahme der Ehescheidungen, Patchwork-Familien …
• Ein – kein Kind – Familien. Moderne Großfamilie: Ein Kind, zwei Eltern, vier Großeltern …
• geringe finanzielle Familienförderung,
• Ehe ist eine Lebenspartnerschaft neben vielen anderen ...
Wenn aber die Familie verfällt, ist die Gesellschaft in ihrem inneren Gefüge und in ihrem Bestand gefährdet.
Ein großer Konvertit, hat einmal bekannt, wofür er vor seiner Bekehrung einmal gearbeitet hat: „Wir hatten nur ein Ziel vor Augen, die Familien zu entchristlichen. Wir lassen den Katholiken gerne die Kirchen, die Kapellen, die Kathedralen, uns genügt die Familie, um die Gesellschaft zu verderben. Wenn wir diese in der Hand haben, ist es um den Sieg der Kirche geschehen.“ (Graber S 13)
Papst Johannes Paul II. erinnerte daran, dass Jesus die "Erfahrung der Familie durchleben" wollte und sich deshalb in die "erste und grundlegende Keimzelle sozialen Zusammenseins eingegliedert" hat. Durch diese Entäußerung verlieh Jesus der "meistverbreiteten menschlichen Institution immerwährende Gültigkeit" und machte die Familie von Nazareth zum Vorbild der Familie und zum "Symbol jener 'Normalität' des Lebens, die das Dasein jeder Familie kennzeichnet." (Angelus vom 31.12.2000)
Der Papst formulierte dann sozusagen das Familienprogramm für das dritte Jahrtausend. Nach seinen Worten ist es dringend erforderlich "den Wert der Familie wieder zu entdecken und ihr dabei zu helfen, so zu sein, wie Gott sie wollte: Ein lebendiges Umfeld, in dem jedes Kind, das zur Welt kommt, von der Empfängnis an mit Zärtlichkeit und Dankbarkeit angenommen wird; ein Ort, der sich durch ein unbeschwertes Klima auszeichnet, das jedem seiner Mitglieder eine harmonische, menschliche und spirituelle Entwicklung ermöglicht." Papst Johannes Paul II. schloss seine Betrachtung über die Familie mit dem hoffnungsvollen Wunsch: "Möge die Heilige Familie, die wir heute verehren, diese Gabe für jede Familiengemeinschaft erwirken und ihr helfen, zu einer kleinen 'Hauskirche' zu werden, zu einer Schule menschlicher und religiöser Tugenden."
... an der Hand der Heiligen Familie hinein in das dritte Jahrtausend!
In knapper Form umschreibt der Heilige Vater das Wesen der "Hauskirche" und nennt sie ganz einfach eine "Schule menschlicher und religiöser Tugenden". Die "Hauskirche" zeichnet sich also nicht durch das Verrichten gemeinsamer Gebete oder Rituale aus, es geht vielmehr um ein ganzheitliches Streben nach Menschlichkeit und Heiligkeit, um eine christliche Lebensweise durch Wort und Beispiel ( vgl. LG 11).
Im Apostolischen Schreiben Familiaris Consortio nennt der Papst die "Hauskirche" eine "Schule reich entfalteter Humanität" (FC 21), die sich "durch die sorgende Liebe zu den Kleinen, den Kranken und Alten, durch den täglichen gegenseitigen Dienst, durch das Teilen der Güter, der Freuden und der Leiden" (FC 21) auszeichnet.
Schließen sich Familien zu Hauskreisen zusammen, dann erleben sie gemeinsam die Kraft und Freude der Familie. Vor allem – sie entdecken, dass sie nicht alleine sind – keine Relikte der Urzeit, keine „Auslaufmodelle“ sind.
Ein pädagogischer Grundsatz besagt: „Die Erfahrung ist die Grundlage allen Wissens.“ Wenn nun Familien erfahren, dass Treue, Glaube … und andere traditionelle Werte helfen, die Familie glücklich und stabil zu machen, dann wird diese Erfahrung verinnerlicht und sie wird sehr tragfähig. Dann wird die Familie wie eine Eiche mit tiefen Wurzeln. Wenn der Sturm der Gesellschaft stärker bläst, dann bleibt die Eiche stehen und alle, die sich in ihren Ästen bergen, bleiben verschont. Eine Familie und Ehe ohne Gemeinschaft gleicht einem allein stehenden Strauch, der keinen Sturm überlebt. Und wenn die Ehe stabil ist, dann ist auch die Familie stabil und dies ist natürlich ein Beitrag zu einer stabilen Gesellschaft.
Wir Eltern sind die ersten und wichtigsten Glaubensboten für unsere Kinder. Wir sind verantwortlich für sie, und diese Verantwortung kann uns niemand abnehmen – nicht die Pfarre, nicht die Schule – und die säkularisierte Gesellschaft schon gar nicht.
Wir Eltern sind die Erstverantwortlichen für unsere Kinder von Natur aus: Weder ein Bischof, noch der Pfarrer muss uns dafür einen Auftrag erteilen. Es liegt in der Natur der Sache – es sind UNSERE Kinder, und deshalb ist die Familie nicht nur Objekt der Seelsorge, sondern Subjekt (Küng). Das heißt, wir müssen uns aus eigener Initiative aufmachen und suchen, was gut ist für unsere Familie, für unsere Ehe und für unsere Kinder. Wir selbst müssen kreativ sein und entsprechende Prioritäten setzen.
Der hl. Chysostomus (354 – 407) empfiehlt dringend, den Tisch zu Hause nicht nur mit den Speisen zu decken, sondern auch einen geistigen Tisch – den Tisch des religiöse Gesprächs. Und eindringlich hat er den Eltern zugerufen: „Du musst einst über das ewige Heil deiner Kinder und Knechte Rechenschaft ablegen!“
Fühlen wir uns aber da nicht überfordert? Wie können wir unserer Verantwortung gerecht werden? Wo und wie suchen wir?
Ich kann mich noch ein wenig daran erinnern, wie es in den ersten Nachkriegsjahren war. Ich bin Wienerin – da gab es von allem zu wenig; vor allem zu wenig zu essen. Was haben also die Großstädter gemacht? Sie sind „hamstern“ – wie man das genannt hat – gefahren. Hinaus aufs Land, zu den Bauern und versuchten, durch Tauschgeschäfte zu etwas Fleisch, zu Milch oder zu einigen Eiern zu kommen.
Wie immer: die Menschen wussten, was lebenswichtig ist und haben viele Anstrengungen auf sich genommen, um ihre Bedürfnisse zu befriedigen.
Ebenso wichtig aber wie die Speisen, die wir für unser physisches Leben brauchen, ist es, den Sinn und die richtige Orientierung für unser Leben zu finden. Der Glaube allein kann uns die richtigen Antworten geben. Es ist daher dringend geboten, sich mit dem Glauben zu beschäftigen.
Wir Eltern müssen uns zunächst selbst mit den Glaubensinhalten auseinandersetzen, um dann auf die Suche nach geeigneten katechetischen Materialien für unsere Kinder zu gehen. Es muss uns bewusst sein: „Religiöse Fortbildung der Eltern ist unerlässlich. Nur so können sie ihre Verantwortung den Kindern gegenüber wahrnehmen“ (Küng).
Die Hauskreise helfen den einzelnen „Hauskirchen“ zunächst, ihren Glauben zu bewahren. Heute ist aber das „Stehen bleiben“ gleich bedeutend mit zurückgehen. Wir sich in der Wirtschaft, im Beruf nicht fortbildet, der wird bald nicht mehr mithalten können und auf der Strecke bleiben. Im Glauben ist es ähnlich. Wer seinen Glauben nur bewahrt und nichts investiert, der gleicht jenem Mann, der sein Talent vergraben hat. Dieses Talent wird ihm am Ende noch genommen.
Familien, die sich in Hauskreisen treffen, werden sich daher frei oder nach einem Programm immer weiter in den Glauben vertiefen. Wenn z.B. eine Familie Exerzitien, einen Glaubenskurs, eine Familienakademie, eine Katechistenausbildung … besucht, dann wird das auf alle anderen Familien einen positiven Einfluss haben.
Es gibt ja viele Glaubensunterlagen: den Katechismus, die Enzykliken und auch andere, auf die Bedürfnisse der Hauskirche zugeschnittene Unterlagen.
In den Hauskreisen erfahren wir so, dass auch andere den Glaubensweg mit uns gehen. Wir können uns austauschen und Glaubensprobleme gemeinsam besprechen.
- Warum dürfen Frauen nicht zum Priester geweiht werden?
- Warum dürfen Priester nicht heiraten?
- Wann und warum ist der Papst unfehlbar?
- Warum und wie oft sollen wir beichten gehen?
- Welche Schule ist für unsere Kinder unbedenklich?
- ...
In den Hauskreisen werden wir die katholische Antwort bekommen und sie gemeinsam vertreten - wir sind nicht alleine!
In den Hauskreisen können wir unseren Glauben „entflammen“. Ich kann dafür ein schönes Bild anbieten.
Wer für sich alleine – ohne Vertiefung – seinen Glauben bewahren will, dessen Glauben ist wie ein kleines Licht in der Finsternis. Derjenige hingegen, der seinen Glauben durch die Hilfe der Gemeinschaft ständig vertieft, dessen Glaube ist ein großes Feuer. Wenn nun der Sturm des Unglaubens in der Welt zunimmt, dann wird dieser Sturm das kleine Licht sofort ausblasen und auch der kleine Glaube erlischt. Wenn dieser Sturm jedoch das große Feuer erreicht, so wird dieses durch den Sturm weiter angefacht und zu einem lodernden Brand. Der Sturm bewirkt das Gegenteil von dem, was er ausrichten wollte.
In den neu erstehenden Hauskreisen erleben wir das ursprünglich, kräftige und missionarische Christentum. Wenn man nach dem zweiten Vatikanum oft vom „Geist des Konzils“ sprach – auch um dadurch die Inhalte zu verschleiern, so können wir bei den neu entstehenden Hauskreisen mit recht vom „Geist der Urkirche“ sprechen.
Am Anfang des Christentums ist die Kirche in den Häusern gewachsen. In der Apostelgeschichte finden wir an mehreren Stellen Hinweise auf die Entstehung solcher „Hauskirchen“. Da finden wir z.B. die Erzählung von der Bekehrung des Hauptmanns Kornelius, eines Heiden. Er und sein ganzes Haus wurden gläubig und ließen sich taufen.
Wir lesen von Lydia, die sich mit allen, die zu ihrem Haus gehörten, taufen ließ und den Apostel Paulus bat: „Kommt in mein Haus und bleibt da“ (Apg 16,14-15).
Das Ehepaar Aquila und Priszilla war aus Rom vertrieben worden und hatten sich in Korinth niedergelassen. Paulus wohnte bei ihnen während er in Korinth weilte. Von ihnen wird auch erzählt, dass sie Apollo im Glauben unterwiesen. Ihr Haus war ein Zentrum des christlichen Lebens. Es war eine „Hauskirche“.
In solchen Familienhäusern, in denen sich die Christen zum Gebet, zum Brotbrechen und zur Glaubensunterweisung versammelten, entstand eigentlich die Kirche. Die Kirche begann also sozusagen mit einzelnen „Hauskirchen“.
Erst vor wenigen Tagen haben wir mit meinem Bruder und seiner Frau die Basilika in Enns-Lorch gezeigt. Hinter dem Altar – unter dem die Gebeine der 40 Martyrer von Lorch ruhen – kommt man zu einem Geländer und sieht darunter in der halben Apsis interessante Ausgrabungen. Eine Tafel zeigt die Geschichte der einzelnen Bauetappen. Als erstes sieht man Mauerreste eines römischen Hauses aus dem 2. Jahrhundert. Darüber wurde schon im 4. Jahrhundert die erste Basilika gebaut - dann sieht man die Grundfesten weiterer Bauetappen.
Was diese Ausgrabungen als stumme Zeugen des Frühchristentums zeigen ist, dass die ersten Kirchen über christlichen Häusern gebaut wurden. Das Christentum begann also in den Häusern, es begann in den Familien.
Kaiser Konstantin hat zu Beginn des 4. Jahrhunderts das Christentum zur Staatsreligion erklärt, die Verfolgung der Christen hatte aufgehört und die Zahl der Christen war stark angewachsen. Kirchen wurden errichtet, denn Privathäuser waren als Versammlungsorte nicht mehr geeignet. Der Begriff „Hauskirche“ wird in den ff. Jahrhunderten kaum noch verwendet.
Erst im II. Vat. Konzil taucht der Begriff wieder auf. Der verstorbene Bischof Graber von Regensburg hat gesagt, dass der Begriff der „Hauskirche zu den fruchtbarsten des Konzils zählt und dass von der Verwirklichung dieses Begriffs die Zukunft der Kirche entscheidend abhängt“.
Die Wiederentdeckung der „Hauskirche“ hängt mit einem vertieften Kirchenverständnis zusammen. Die Berufung zur Heiligkeit gilt allen. Die Sendung der Kirche wird nicht nur durch die Bischöfe und Priester verwirklicht. Nein, uns, den Vätern und Müttern, kommt eine entscheidende Bedeutung dabei zu.
Kl. Chinese: „Ich bin Kirche!“
Die Familie ist der sicherste Ort für die Glaubensweitergabe and der christlichen Glaubenspraxis. Die Familie ist auch der beste Ort, einander Liebe zu zeigen:
• Konkret aufeinander Rücksicht zu nehmen (Kinder – von Klein auf müssen sie lernen ruhig zu sein, wenn das Baby schläft)
• Pünktlich zu sein
• Kleine oder auch größere Aufträge verlässlich zu erfüllen
• Einander zu helfen
• Selbstdisziplin zu üben
• Einander wieder vergeben
Mutter Teresa sagt: „love begins at home!“
Die hl. Therese von Liseux zitiert in ihren SS das Schriftwort Jesu: „Niemand zündet ein Licht an und stülpt ein Gefäß darüber, sondern man stellt es auf den Leuchter, um allen zu leuchten, die im Hause sind. Dieses Licht scheint mir, ein Abbild der Liebe zu sein.“ Dieses Licht wird zu Hause entzündet und genährt und von da aus hinausgetragen.
Die Familie ist der Ort, wo sich der Glaube und die Liebe entfalten und geübt werden. Deshalb ist sie die große Hoffnung der Zukunft.
Papst Johannes Paul II. beim 2. Welttreffen der Familien in Rio de Janeiro "feierlich bestätigt", dass die Familien "die Hoffnung der Menschheit" und damit eine Hoffnung für das dritte Jahrtausend sind!
Und beim V. Welttreffen der Familien in Valencia hat Papst Benedikt den Familien zugerufen: „Die christliche Familie gibt den Glauben weiter, wenn die Eltern ihre Kinder beten lehren und mit ihnen beten (vgl. Apostolisches Schreiben Familiaris consortio, 60), wenn sie sie auf die Sakramente vorbereiten und sie in das Leben der Kirche einführen, wenn sie zusammenkommen, um die Bibel zu lesen, und so das Familienleben mit dem Licht des Glaubens erleuchten und Gott als Vater preisen.“
Die "Hauskirche" ...
• ist eine Gemeinschaft der Familie mit Jesus Christus in ihrer Mitte,
• vermittelt in allen Lebenssituationen eine familiäre Geborgenheit,
• kümmert sich um die rechte Nahrung für Leib, Seele und Geist,
• ist eine Schule der Liebe, des Lebens und des Glaubens.
Zusammenfassend mit einem Wort unseres Familienbischofs: „Die Hauskirche stellt eine vordringliche Aufgabe dar: Sie ist gerade in den Verhältnissen unserer Zeit ein unerlässlicher Ansatz der Pastoral.“
Die einzelne Familie, die Hauskirche leben will, hat heute einen schweren Stand in der Gesellschaft. Die Angriffe kommen von überall her. Auch wenn man von seinem Glauben überzeugt ist, wird es zusehends schwerer, ihn konsequent zu leben.
In einem Experiment wurde eine Person einer Versuchsgruppe gebeten, den Saal zu verlassen und erst wieder zu kommen, wenn sie gerufen wird. Der Trainer machte auf die Tafel sieben Kreidestriche, der Dritte war länger als die anderen. Die Personen im Saal wurden angewiesen, den ersten Kreidestrich als den Längsten zu bezeichnen. Da wurde die Versuchsperson gerufen und gefragt, welcher Strich, am längsten sei. Prompt kam die Antwort: „Der dritte“. Die anderen lachten und sagten, das stimmt doch nicht, es sei doch der erste Strich länger. Da wurde die Versuchsperson unsicher und tendierte zur Meinung der Mehrheit.
Ähnlich kann es uns heute im Bombardement der falschen Ideologien ergehen. Dann werden Wiedergeburt und Homosexualität normal und die Ehe und Familie „konservativ“ – rückständig und veraltet.
Damit man hier widerstehen kann, braucht man eine Gruppe Gleichgesinnter: Die Gruppe spielte eine wesentliche Rolle. So war die „Hauskirche“ der Anfänge stark gruppenzentriert. Die Hauskirche am Anfang des Christentums war in sozialer Hinsicht offen. „Der Glaube kommt vom Hören!“ sagt der hl. Paulus. Aber er kommt auch durch das gemeinsame Leben aus dem Glauben.
Klemens von Alexandrien, ein Katechetikprofessor um das 2. Jahrhundert, hat gesagt: „Wenn du jemanden zum Glauben führen willst, dann lass ihn einige Zeit bei dir wohnen“. Beispiele stecken an, sagt ein Sprichwort treffend. In den Hauskirchen stärkten und ermutigten einander die Gläubigen. Wir können sicher mit Recht sagen: Ohne Gruppe hätte die Urkirche nicht überlebt.
Die erste Christliche Gruppe (nach der Hl. Familie) waren die zwölf
Apostel. Jesus hat nicht eine Tausendschaft belehrt sondern eine
übersehbare Gruppe.
Ein Schriftwort sagt: „Die Kinder dieser Welt sind im Umgang mit ihresgleichen klüger als die Kinder des Lichtes!“ (Lk 16,8).
Wir sollen von der Welt lernen – und da sehen wir:
• Kegelfreunde treffen sich in Kegelrunden.
• Bierfreunde in Bierrunden.
• Wanderfreunde in Wandergruppen.
• Dasselbe gilt für viele Sportarten, für Briefmarkensammler …
In unserer beruflichen Ausbildung wurde uns immer wieder die Bedeutung
einer Gruppe nahe gebracht.
Wer wirklich an einer Sache Interesse hat, wird sich einer überschaubaren Gruppe anschließen.
Als sich die relative junge Wissenschaft „Psychologie“ und „Psychotherapie“ die Frage stellte, wie es zu unserer psychischen Befindlichkeit kommt, ist im Laufe der Zeit immer mehr der Umwelt Bedeutung zugemessen worden. Die Familie, der Freundeskreis, die Gleichaltrigen im Kindergarten oder der Schule haben einen großen Einfluss auf die Bildung der Persönlichkeit und auf unsere Psyche.
Vielen ist bewusst, dass der sog. „Gruppendruck“ vor allem bei unseren Jugendlichen ganz erheblich deren Denkweise und Verhalten prägen.
Dazu möchte ich allerdings ein sehr ermutigendes Beispiel aus der psychologischen Forschung bringen. Eine Antwort auf die Frage: „Kann man den Zeitgeist überhaupt durchbrechen?“ „Ist der Druck der Gruppe oder der Allgemeinheit ein unabwendbares Schicksal?“
Die amerikanischen Psychologen Masters und Johnson machten eine sehr interessante Untersuchung über den sog. Konformitätsdruck: Wenn einer mit seiner Meinung allein steht, aber glaubwürdige Argumente einbringt, dann wird er plötzlich nicht mehr alleine sein. Er wird zunächst einen, mit der Zeit mehrere von seiner Ansicht überzeugen können; ja vielleicht wird er sogar die Mehrheit auf seine Seite ziehen.
Es geht daher darum, sich die Werte von Familie und Glauben so zu Eigen zu machen, dass man von ihnen überzeugt ist. Nur dann werden wir – ob es nun Jugendliche oder Familien sind – glaubwürdige Argumente zur Verfügung haben und Sauerteig in Kirche und Gesellschaft sein.
So, das war ein kurzer Ausflug. Grundsätzlich aber gilt: Die Gruppe macht stark. Sie gibt mir Halt – auch wenn ich wieder alleine bin.
Vor kurzem das Zeugnis einer Familie, die sich mit anderen Familien
(auch mit den Kindern) regelmäßig trifft: Kinder haben keine Probleme,
zur Messe zu gehen – es gehen ja alle.
Es ist also für die Kirche lebensnotwendig, dass sich Familien zu Hauskreisen zusammenschließen, damit sie dort ihren Glauben vertiefen und festigen, diese Hauskreise sind so etwas vie eine Vollkaskoversicherung für die Familien. Bei einem „Unfall“ springen die anderen helfend mit ein!
Wir sollen daher katholische Hauskreise bilden
Blaise Pascal, der berühmte Mathematiker und großartige Philosoph sagte einmal sehr treffend:
„Wenn alles in Bewegung ist, und ich mitten drinnen in diesem Geschehen bin, dann kann ich nicht feststellen, wohin sich etwas bewegt. Wenn ich auf einem Schiff bin, das sich vom Ufer entfernt, dann meine ich, die Menschen, die auf dem Ufer stehen, würden sich entfernen. Wenn alle gleichzeitig gegen einen Abgrund zuschreiten, würde keiner zu sich sagen, dass er dorthin geht. Nur wer einen festen Punkt hat, kann beurteilen, wohin sich die anderen bewegen. Wer ein Leben in Unordnung führt, wirft denen, die in Ordnung leben, vor, dass sie sich von der Natur entfernen. Aber um darüber urteilen zu können, muss man einen festen Punkt haben.“
In den Hauskreisen sollen wir uns in die Wahrheiten des katholischen Glaubens vertiefen und ihn festigen. Die unverfälschte und unverkürzte katholische Theologie gibt uns den festen Bezugspunkt, um die richtige Orientierung zu finden.
Wir sind in erster Linie hier hergekommen, um Sie zu ermutigen, sich zu solchen Hauskreisen, Hausgemeinschaften, Familienrunden oder wie immer sie das nennen wollen, zusammenzuschließen. Wenn Sie als Katholiken „überleben“ und wachsen wollen und vor allem „Sauerteig“ für andere werden wollen, dann geht es nicht ohne gegenseitige Ermutigung.
Unser persönliches Leben ist vom Beginn unserer Ehe durch solche Zusammenschlüsse, wie wir schon eingangs erwähnten, geprägt:
Bischof Küng hat uns im Jänner 2003 in die Diözese Feldkirch eingeladen, um zu den Pfarrern der Diözese über Familienpastoral in den Pfarren zu sprechen.
Was soll ein Pfarrer mit den Familien machen, damit sie sich mehr für den Glauben interessieren?
Unsere ganze persönliche Erfahrung veranlasste uns, Familiengruppen vorzuschlagen. Der Pfarrer sollte „Hauskreise“ initiieren. Einige Familien sollen sich konkret in Familienrunden (Hauskreisen) mit dem Glauben beschäftigen.
Unser Problem aber war – was sollen er den Familien mitgeben, man braucht ja eine geistliche Nahrung – und zwar möglichst systematisch und den ganzen Glauben umfassend.
• Den Katechismus, der ist zu dick und zu trocken
• Enzykliken, die sind für „Fortgeschrittene“
• Kompendium zum Katechismus – das sind nur Frage-Antworten.
So entstand die Mappe Hauskreise als Grundlage zur Bildung von Hauskreisen. Diese Mappe dürfen wir Ihnen abschließend noch vorstellen.
• EF1 – EF4
• 33 Glaubensthemen
… natürlich auf dem Fundament der katholischen Kirche, d.h. Katechismus und Lehrschreiben der Päpste.
Man sollte einmal die Themen durcharbeiten und nicht zerreden. Wir
sollten vertrauen, dass der Hl. Geist auch heute noch in seiner Kirche
wirkt und der Katechismus nicht ohne ihn zustande kam.
Die Gruppe kann Orientierung bieten. Wenn man betet und arbeitet, dann
kann man auf die Führung durch den Heiligen Geist vertrauen.
Damit sich eine Gruppe nicht „verirrt“ ist sicher die „Supervision“
durch den Pfarrer erwünscht. Mit ihm kann man besonders schwierige
Passagen besprechen.
Schlecht aber wären faule Kompromisse, um den Konflikten aus dem Weg zu
gehen. Das ist auch die Meinung unseres Papstes. Wenn es Probleme gibt,
dann müssen sie ausgetragen werden – auch wenn These gegen These stehen
sollte.
• 7 Themen zum Kirchenjahr
• 16 Ausgewählte Themen
Die Familie lebt ja „in der Welt“, deshalb auch „weltliche“ Themen, die in Summe zur Festigung der Familien beitragen sollen.
Wir hoffen, dass wir unser Anliegen einigermaßen weitergeben konnten:
Es geht uns um im Glauben lebendige Familien, es geht uns um die Zukunft der Kirche. Ohne christliche Familie keine christlichen Kinder, keine Priester, keine Ordensleute – es wäre der Tod der Kirche.
Denken Sie nochmals an den Ausspruch eines Kirchenfeindes: „uns genügt die Familie, um die Gesellschaft zu verderben. Wenn wir diese in der Hand haben, ist es um den Sieg der Kirche geschehen.“
Wir erhoffen uns daher, dass sich doch der eine oder andere Hauskreis bildet. Dabei muss ja nichts 1:1 übernommen werden. Wir wollen nur Impulse geben. Wir arbeiten ja an der Seite des österreichischen Familienbischofs in der „Initiative Hauskirche“, nicht in einer Bewegung, sondern bewusst in einem „Impulsgeber“ für Familien und Pfarren.
Wir können allerdings auf eine Reihe von wunderbaren Kommentaren zu unserer Hauskreismappe verweisen:
Se können in unsere Referenzliste gerne Einsicht nehmen. „Hauskreise“ ist ein Werk, das von Papst, Kardinal, Bischöfen, Priestern und Laien empfohlen wird.