Diözesanbischof DDr. Klaus Küng
Liebe Mitchristen!
Der
Beginn der Fastenzeit ist mir ein willkommener Anlass, um mich mit einem
kurzen Hirtenwort an Euch zu wenden. In den vergangenen Monaten habe ich
viele positive Eindrücke in unserer Diözese gewonnen und wahrgenommen, dass
viele Menschen in unserem Land um ein echtes Christsein ehrlich bemüht sind.
Es gibt aber auch einige Anliegen: die Einheit in der Diözese, die
Wiedereröffnung des Priesterseminars, die Entwicklung und Verwirklichung
eines Pastoralplanes. Wir müssen Wege finden, um jene anzusprechen, die
derzeit dem kirchlichen Leben fern bleiben. Es ist notwendig, den jungen
Paaren beizustehen, damit sie eine christliche Familie begründen; wir
brauchen geistliche Berufe, vor allem Priester; auch manche
Ordensgemeinschaften sind in Not. Was können wir tun?
Der Hl. Vater hat beginnend mit dem vergangenen Oktober ein Jahr der
Eucharistie ausgerufen. Diese Initiative ist gerade auch für unsere
Situation sehr hilfreich. Wenn wir sie aufgreifen und dem Aufruf des Papstes
Folge leisten, wird uns bewusst: Der Erfolg unserer Bemühungen hängt nicht
bloß von unseren eigenen Kräften ab, denn Christus, der uns durch sein
Leiden und Sterben am Kreuz erlöst hat, der auferstanden ist und lebt, ist
durch die Kirche unter uns zugegen.
Am ersten Fastensonntag werden uns von der Liturgie die Versuchungen, die
Jesus in der Wüste erlitten hat, zur Betrachtung vorgelegt. Er hat unser
Leben gelebt, die Schwierigkeiten unseres Daseins erlitten und treu zum
Willen seines Vaters alle Prüfungen siegreich bestanden. Wenn wir uns mit
ihm verbinden, tut sich auch für uns ein Weg auf, um trotz unserer
Schwachheit siegreich zu sein.
Daher möchte ich Euch bitten: Schaffen wir für unser Verlangen nach
Erneuerung des christlichen Lebens in unserer Diözese, in unserer Gemeinde,
in unseren Familien, bei uns selbst eine solide Grundlage: Sie entsteht
durch die Vereinigung mit dem durch die Kirche unter uns gegenwärtigen,
lebendigen Christus.
– wirklich, wahrhaft, wesenhaft – gegenwärtig -
Setzen
wir einen ersten Schritt zu einem Neuanfang durch die vermehrte persönliche
und gemeinsame Hinwendung zu ihm, der in der Eucharistie in besonderer Weise
– wirklich, wahrhaft, wesenhaft – gegenwärtig ist. Dies kann in vielen
Formen geschehen: z.B. durch Pflege der eucharistischen Anbetung. Es wäre
schön, wenn in möglichst allen Pfarren wöchentlich dazu Gelegenheit gegeben
und jetzt durch sorgfältige Gestaltung und nachhaltige Einladung eine
erneute Anstrengung unternommen wird, um zu erreichen, dass viele
teilnehmen. Eine andere Möglichkeit ist die besonders liebevolle
Vorbereitung und Feier jener Feste, die zur Eucharistie einen besonderen
Bezug haben wie der Gründonnerstag oder Fronleichnam. Eine gute Art, das
Jahr der Eucharistie persönlich bewusst zu leben, kann auch einfach darin
bestehen, dass man sich bemüht, einerseits den Sonntag als Tag des Herrn
ohne Abstriche hochzuhalten und auch sonst während der Woche wenigstens
manchmal (oder vielleicht sogar täglich) die Heilige Messe mitzufeiern. Sehr
hilfreich ist auch die Gewohnheit, dem in der Eucharistie gegenwärtigen
Herrn möglichst täglich in einer nahe gelegenen Kirchen aufzusuchen und eine
Weile vor dem Tabernakel betend innezuhalten. Dies öffnet die Augen des
Herzens.
Dabei ist es notwendig zu bedenken, was die Entwicklung einer echten,
innerlichen Beziehung zur Eucharistie voraussetzt: Die Liebe zu Stille und
Sammlung im Glauben an die Nähe des Herrn, die Haltung des Hörens und des
Offenseins für Gottes Wort, die innere Hinwendung im Sinne der Anbetung, was
die Bereitschaft zur Umkehr voraussetzt. Dass im Herzen dessen, der Christi
Gegenwart in der Eucharistie entdeckt, Dank im Herzen aufbricht, ist eine
fast logische Folge des eucharistischen Glaubens.
Die heilige Eucharistie wachen Herzens feiern bzw. mitfeiern prägt und
verändert ein Leben. Wer seine Erfahrungen damit gemacht hat, weiß freilich,
dass wir immer Lernende sind und Lernende bleiben: Bedeutungsvoll sind die
Vorbereitung auf die Teilnahme an der Heiligen Messe und auf den Empfang der
heiligen Kommunion sowie die innere Einstellung, die erforderlich ist und
zum aktiven Mitvollzug befähigt: Es geht darum, dass wir sein Kommen
ersehnen, auf ihn warten uns innerlich bereit machen, seine Botschaft und
ihn selbst aufnehmen. Wir müssen uns die Haltung aneignen, unsere Gaben,
unsere Wünsche, Bitten, Vorhaben und jene der anderen auf den Altar zu legen
mit dem Wunsch, dass diese unsere Gaben gemeinsam mit den Gaben der Kirche
von Brot und Wein in Christus verwandelt werden. Wir müssen lernen, ihn zu
begrüßen und zu verehren, wenn sich das Geheimnis der Wandlung vollzieht, er
zu uns kommt und bei uns bleibt. Wir können ihn aufnehmen, uns mit ihm
vereinen, seinen Segen empfangen.
Die Eucharistiefeier ist die wichtigste Schule des christlichen Lebens, eine
Quelle des Trostes und der Kraft, sie ist Nahrung und Ansporn. Sehr
empfehlenswert wäre es, in den Pfarren, Gemeinschaften, Klöstern Katechesen
abzuhalten, damit das große Geheimnis des Glaubens besser erfasst und als
festes Fundament erkannt wird, welches die Einheit unter den Gläubigen,
Priestern und Laien herbeiführt.
Schließlich möchte ich es nicht verabsäumen, daran zu erinnern, dass die
Kirche die Osterbeichte empfiehlt. Es genügt nicht, dass wir den Wunsch
haben, die heilige Kommunion regelmäßig zu empfangen; es muss unser Wunsch
sein, sie – so weit uns dies möglich ist – würdig zu empfangen. So wünsche
ich allen eine gesegnete Fastenzeit und ein fruchtbares Jahr der
Eucharistie.
Mit herzlichem Gruß
+ Klaus Küng