In
diesem wunderbaren Gotteshaus, das der Hl. Dreifaltigkeit gewidmet ist, und
mit dem Blick auf das Thema Familie, das uns in diesen Tagen in der
Bischofskonferenz beschäftigt, fällt es nicht schwer, die Worte Jesu zu
verstehen, die wir soeben im Evangelium vernommen haben: „Ihr aber sollt
Euch nicht Rabbi nennen lassen; denn nur einer ist Euer Meister. Auch sollt
Ihr Euch nicht Lehrer nennen lassen; denn nur einer ist Euer Lehrer,
Christus.“ Der Mensch ist – wie Papst Johannes Paul II unermüdlich
wiederholt hat - Abbild Gottes und unterliegt bestimmten inneren
Gesetzmäßigkeiten, weil Gott, dessen Wesen die Liebe ist, ihn aus Liebe
erschaffen und zur Liebe bestimmt hat. Liebe ist das Ziel des Menschen, sie
ist seine große Sehnsucht; sie zu erlernen, in ihr zu wachsen und zu reifen
ist seine Lebensaufgabe. Gott ist Ursprung und letztes Ziel dieser Liebe und
Christus, der menschgewordene Gott, ist der Meister. Er ist - wie das Konzil
gelehrt hat – der Schlüssel zum Verständnis des Menschen und zugleich
derjenige, der uns auf dem Lebensweg, der zu großen, ewig beseligenden Liebe
führen soll, beisteht.
Es ist bedrängend daran zu denken, dass viele Menschen nicht glücklich
werden, auch bei uns, obwohl es ihnen wirtschaftlich und in vielen
Hinsichten gut geht. Eines der größten Anliegen unserer Zeit besteht darin
bewusst zu machen, dass sich bei nicht wenigen Problemen letztlich nur in
Gott die Lösung findet. In diesen Tagen bedrängt uns die Dringlichkeit, das
Ehesakrament besser zu erklären, so dass es verstanden wird. Die Zahl der
Eheschließungen ist in den vergangenen Jahren eklatant zurückgegangen. Das
ist schade. Fast immer könnten die Schwierigkeiten überwunden werden, wenn
bei Auftreten von Problemen Christus gesucht, auf ihn gehört, auf ihn gebaut
wird. Denn Christus ist Gott, der uns ganz nahe ist.
„ Aber wir haben Gott entdeckt. Jetzt geht es gut“
Vor wenigen Tagen hat sich bei einer Rundfunksendung, an der ich beteiligt war, eine Frau zu Wort gemeldet. Sie erzählte, dass sie verheiratet ist, dass sie und ihr Mann anfangs Probleme bekommen haben, sogar große. „ Aber wir haben Gott entdeckt. Jetzt geht es gut“, sagte sie und fügte hinzu: „Sagen Sie den Leuten: mit Gott findet sich immer ein Weg.“ Es ist wichtig, die jungen Leute zur Entscheidung und zur Heirat zu motivieren und ihnen die Kraft des Gebetes, die Hilfe des Evangeliums und der Sakramente aufzuzeigen.
Jesus steht uns bei, wenn wir es möchten.
Er steht jedem bei, der ihm darum bittet.
Er ist gekommen, um zu dienen.
Im
Zusammenhang mit Ehe und Familie wirft man der Kirche häufig vor, sie
verkünde Ideale, die eine Überforderung seien. Man übersieht dabei -
vielleicht kommt das auch in der Verkündigung zu kurz -, dass uns Gott
gerade deshalb seinen Sohn gesandt hat, damit wir trotz unserer Schwächen
und Schwierigkeiten es wagen können, zu dem JA zu sagen, was Gott von uns
erwartet. Christus hilft uns auf die Beine, wenn wir niederfallen; er
schenkt uns Kraft, wenn uns Müdigkeit zu schaffen macht; er weitet den
Blick, wenn sich unser Horizont einengt. Der christliche Weg ist ein
realistischer Weg, bei dem die Begrenztheit unserer Kräfte und unserer
Fehlerhaftigkeit mitbedacht ist. Gott ruft uns so, wie wir sind, mit unserer
Vorgeschichte, mit unseren Verwundungen und Schwächen, auch mit unseren
Fähigkeiten. Das gilt für jene, die sich einer spezifischen Berufung folgend
ganz in den Dienst Gottes und der Menschen stellen und zölibatär leben; das
gilt auch für jene, die heiraten. Freilich ist in jedem Fall unser Mittun
nötig. Wenn in der heutigen Zeit eine Familie konsequent christlich leben
will, muss sie sich überlegen, wie sie das anpackt. Christliche Familien
brauchen Kontakt mit anderen christlichen Familien, sie bedürfen der
Bestärkung, sie benötigen Anregungen, Hilfestellungen. Es ist eine sehr
große und wichtige Aufgabe für die Pfarren, heute und morgen, auch für
apostolische Bewegungen und Gemeinschaften, den jungen Familien beizustehen,
ihnen Heimat und Stütze zu bieten. Sie sind die Hoffnung von Kirche und
Gesellschaft.
Wichtig ist es auch, die Ehepaare zur Bejahung von Kindern zu ermutigen. Die
demographische Frage ist eines der schwerwiegendsten Probleme Europas und
weiter Teile der Welt. Die Erfahrung zeigt: das Erwachen des Glaubens in den
Herzen der Ehepaare weckt ihre Großzügigkeit und lässt sie Kinder als
Reichtum und Schatz erfahren. Es ist eine wichtige Aufgabe der Kirche in
unserer Zeit, Mut zum Kind zu machen. Gleichzeitig erkennen wir die
Dringlichkeit, Allianzen zu Gunsten der Familie, insbesondere der
kinderreichen Familie zu suchen. Vielleicht dürfen wir so die Worte des
Propheten deuten, die wir in der Lesung vernommen haben „Sorgt für das
Recht! Helft den Unterdrückten!“
Die Familien sind nicht unterdrückt, aber benachteiligt.
Wir müssen ihnen mit vereinten Kräften Recht verschaffen, insbesondere
jenen, die sich ihren Kindern widmen, was für eine gesunde Gesellschaft
einen unersetzbaren Dienst bedeutet.
Schließlich möchte ich noch einen Punkt hinzufügen: Es ist eine Sorge um
Jung und Alt, aber insbesondere eine Sorge um die Jugend.
Im Tagesgebet war die Bitte ausgesprochen: „Hilf uns, alles zu meiden, was
uns schadet, und zu suchen, was uns zum Heil dient.“
Es
ist unerlässlich, mit neuer Klarheit Jung und Alt zu einer christlichen
Lebensweise anzuhalten. Wir wissen es heute besser denn je, wie groß die
Schäden sind, die entstehen, wenn man meint, es sei nicht nötig, Gottes
Gebote zu beachten. Es braucht den Aufruf zu einem sauberen Leben. Wir
müssen den jungen Menschen zurufen: „Gebt euch nicht so billig her. Es
lohnt sich gerade in gewissen Belangen fest zu sein und fest zu bleiben.
Meidet, was mit einem christlichen Leben nicht vereinbar ist.“ Im
Übrigen muss man sagen, das dass, was der Jugend nicht gut tut, auch für die
Alten nicht angebracht ist.
Jedenfalls brauchen christliche Eltern Hilfe, damit sie befähigt werden,
ihre Kinder rechtzeitig, mit Respekt und in angebrachter Weise in die
Geheimnisse des Lebens und der Liebe einzuführen. Jugendliche brauchen Hilfe
und Begleitung. Und wenn ein Fehler vorgekommen ist, braucht es Verständnis
und die Hilfe Gottes, die nicht fehlen wird. Vergebung schenkt von neuem der
inneren Frieden und Freude. Wie es schon der Prophet verkündet hat, so
spricht den Herr: „Wären eure Sünden so rot wie Scharlach, sie sollen weiß
werden wie Schnee. Wären sie rot wie Purpur, sie sollen weiß werden wie
Wolle.“
In Bezug auf Ehe und Familie warten große und dringende Aufgaben auf ihre
Verwirklichung. Eine Trendwende muss eingeleitet werden.
Am Sonntagberg sind in den Glasfenstern das Herz Jesu und das Herz Mariens
abgebildet. In ihnen kommt das Geheimnis der Liebe, die von Gott stammt und
den Menschen belebt, am tiefsten und deutlichsten zum Ausdruck. Wenden wir
uns an Jesus und Maria. Sie mögen uns in unseren Bemühungen um die Familie,
um die Erneuerung von Kirche und Gesellschaft beistehen und eine Trendwende
zum Positiven einsetzen.
+ Klaus Küng