INER-Jubiläumskongress

Predigt von Bischof Klaus Küng am 30. 4. 2006

Liebe Teilnehmer am Jubiläumskongress,
liebe Brüder und Schwestern!

In der 1. Lesung aus der Apostelgeschichte wurde uns geschildert, mit welcher Kraft Petrus damals zum Volk gesprochen hat. Er forderte sie zu Umkehr und Buße auf. Er sagte zu Ihnen: „Den Urheber des Lebens habt Ihr getötet, aber Gott hat ihn von den Toten auferweckt.“ Und er fügte hinzu: „Dafür sind wir Zeugen.“

Die Kirche stand am Anfang ihres Wirkens. In unserer Zeit – 2000 Jahre später – müssen wir – so scheint mir – in gewisser Weise zu den Anfängen zurückkehren, jedenfalls bei uns. So ist es im Laufe der Geschichte des Christentums an manchen Orten mehrmals geschehen. Die Christen werden lau, viele fallen – aus verschiedensten Gründen – in eine Art Neuheidentum zurück und es treten alle Phänomene in Erscheinung, die für eine heidnische, unerlöste Welt typisch sind. Charakteristisch ist dabei oft der Umgang mit Sexualität. In dekadenten Gesellschaften kommt es zum Niedergang des sittlichen Verhaltens, oft zu perversen Praktiken mit vielen negativen Folgen. So war es schon bei den Griechen und Römern, so ist es in manchen Ländern auch heute. Bei Erstarken des Christseins wird auch dieser Bereich des Lebens in seiner wahren Bedeutung erkannt und es entsteht das Bemühen um Entfaltung einer Liebe, die zu Gott, zum Leben, zur Familie JA sagt, auch zu Tugend der Reinheit und zur Notwendigkeit der Selbstbeherrschung. Die Klärung, die Papst Paul VI. mit der Enzyklika Humanae Vitae vorgenommen hat, war von größter Bedeutung.

Der Hl. Geist hat dem Papst beigestanden. So hat er trotz des damals vorhandenen starken Druckes der Öffentlichkeit – auch der innerkirchlichen – die geschlechtliche Vereinigung zwischen Mann und Frau als Ausdruck der Ganzhingabe verteidigt, indem er einmal mehr betonte, dass diese ausschließlich in die Ehe zwischen Mann und Frau gehört, und Antikonzeption ablehnte, weil durch Antikonzeption die eheliche Hingabe unterminiert wird. Er verdeutlichte auch den im II. Vatikanum zum 1. Mal verwendeten Begriff der verantworteten Elternschaft durch die Betonung, dass jedes Ehepaar nicht nur im Gespräch miteinander, sondern auch im Gespräch mit Gott zu erkennen suchen muss, was für sie bezüglich Kinderzahl das Richtige ist.

Zu den Lichtblicken gehört INER

Seither scheiden sich die Geister. Trotz aller Bemühungen Papst Johannes Pauls II. und mancher Bischöfe, Priester und Eheleute, mancher kirchlicher Einrichtungen und Erneuerungsbewegungen ist ein Durchbruch für die in der Enzyklika Humanae Vitae enthaltene Lehre der Kirche, insbesondere bezüglich der natürlichen Geburtenregelung noch immer nicht geglückt, auch wenn Lichtblicke erkennbar sind. Zu diesen Lichtblicken gehört auch INER.

Drei große Anliegen bewegen mich in dieser Stunde.

Das erste Anliegen -
Danke sagen für Gottes Vorsehung:

Danke sagen für Gottes Vorsehung, Gottes Nähe – er verlässt die Seinen nicht -, für Gottes Ruf. Er hört nicht auf, Menschen anzusprechen, jene, die zur Rettung der Gesellschaft, zu Verwirklichungen des Neuaufbruches, zu Hilfestellungen in Kirche und Welt jeweils nötig sind. Dazu gehören z.B. Papst Johannes Paul II., ich bin überzeugt, auch Benedikt XVI, eine Mutter Theresa, ein Josefmaria Escrivá, ein P. Kentenich und viele andere große Gestalten. Ich denke, dass auch einem Dr. Rötzer mit seinen Fähigkeiten, mit seiner persönlichen Geschichte, die mit sich brachte, dass er sich mit der Enzyklika Humanae Vitae, aber auch mit den medizinischen Voraussetzungen für eine natürliche Geburtenregelung in besonderer Weise befasst hat, seine Bedeutung zukommt. Wir sollen Gott dafür danken, dass er ihn berufen hat. Danken sollen wir auch für alle, die sich an die Seite Dr. Rötzers gestellt und sich zusammen mit ihm bemüht haben, unter alles andere als leichten Gegebenheiten und ohne über große Mittel zu verfügen ein Netzwerk zu errichten, das zur Weiterverbreitung der gewonnenen Erkenntnisse über die natürliche Empfängnisregelung dient und vielen Menschen, die das Verlangen haben, ihre Ehe christlich zu leben, im Zusammenhang mit der Frage Kinder Hilfe vermittelt.

Das zweite Anliegen -
Gott möge uns Zuversicht schenken:

Wir sollen aber Gott auch dafür danken, dass er jetzt uns alle anspricht. Damit im Zusammenhang steht das zweite Anliegen, das mich in dieser Stunde bewegt: Gott möge uns Mut und Zuversicht schenken und einen starken Glauben, der uns hoffen und handeln lässt.

Die Jünger durften die Hände und Füße Jesu anfassen, ihm beim Essen zusehen. Er hat ihnen Gottes Wort erklärt, das Gesetz und die Propheten erläutert, ihnen die Augen geöffnet.
Es wäre so wichtig, dass sich in unseren Herzen ein starkes Feuer entzündet, dass wir den Mut nicht sinken lassen und zu großem, beharrlichem Einsatz bereit sind. Es wird daher notwendig sein, dass wir mit Jesus verkehren, ihm zuhören, ihn empfangen, mit ihm vereint sind.

Das dritte Anliegen -
Im Bewusstsein der Erlösung dem Mitmenschen begegnen:

Schließlich möchte ich noch einen dritten Aspekt wenigstens kurz erwähnen. Der Auferstandene zeigt bei seinen Begegnungen mit den Jüngern immer wieder seine Wundmale. In der 2. Lesung vernahmen wir die Mahnung des Apostels Johannes: „Meine Kinder, ich schreibe euch dies, damit ihr nicht sündigt. Wenn aber einer sündigt, haben wir einen Beistand beim Vater: Jesus Christus, den Gerechten. Er ist die Sühne für unsere Sünden, aber nicht nur für unsere Sünden, sondern auch für die der ganzen Welt“. Es ist von größter Bedeutung, dass uns das Geheimnis der Erlösung gegenwärtig ist, dass wir im Bewusstsein dieser Erlösung unseren Mitmenschen begegnen und sie, wann immer das nötig ist, zu Jesus führen, damit sie Vergebung, Frieden, Heilung erlangen; damit sie aufstehen, wenn sie niedergefallen sind; aufbrechen, Gott entgegen, die wahre Liebe ergreifen, die uns Christus gebracht hat.

Auch diesen Aspekt sollten wir als vorrangiges Anliegen betrachten. Viele Menschen brauchen Hilfe und vielleicht will Gott, dass wir dabei mitwirken, sie ihnen zu vermitteln.

So wünsche ich Ihnen allen von Herzen Gottes Segen, Gottes Beistand. Möge die Fürsprache Mariens Sie in allem begleiten.

+ Klaus Küng